Beiträge von Bion im Thema „Aktivismus - Wahn oder Sinn?“

    Kann ich aber aus Deiner Position heraus tatsächlich verstehen, wir befinden uns in unterschiedlichen Lebensabschnitten, glücklicherweise, also nur zu.

    Nicht nur die Lebensabschnitte sind unterschiedlich. Eigentlich ist fast alles unterschiedlich bei uns zweien und ein Wunder, dass wir uns zwischen den kleinen leidenschaftlichen Gemetzeln immer wieder ganz gut verstehen. :winking_face:

    :smiling_face_with_hearts:

    True love has no limits

    Weise wahre Worte :smiling_face_with_hearts:

    Das stimmt leider, wenn die ganze Sache überhaupt stimmt.

    Die 360 Grad Geschichte stimmt, ich halte sie aber für einen lässlichen Fehler, ein Versprecher halt. Schade ist allerdings, dass von den vielen guten Sachen, die Baerbock bei eben diesem Panel gesagt hat, nicht so viel die Rede ist.

    Sie liegen ganz grundlegend falsch! Und ob sie es wollen oder nicht, so spielt ihr Verhalten dem Aggressor in die Hände, aus Putins Sicht spielen sie seine nützlichen Idioten. Wenn ein Verband der Bildungsgewerkschaft GEW meint, der Sozialistische-Deutsche-Arbeiter-Jugend, das ist die streng marxistisch-leninistische Jugendorganisation der DKP und für den Verfassungsschutz ein Verdachtsfall des Linksextremismus und Sevim Dagdelen sowie Jacqueline Andres eine Plattform bieten zu müssen, so empfinde ich das bereits mehr als fragwürdig. Als übles Spiel erscheint mir jedoch der Umstand, dass sie die zwei Zusatzthemen Klimawandel und Gendergerechtigkeit als Lockmittel oder Deckmäntelchen benutzen.

    auch aktuell liegt der deutsche pro-kopf-ausstoß immer noch über dem chinas.

    Hätten wir mehr auf Kernenergie statt auf Kohle und Gas gesetzt, wären unsere Werte auch ganz deutlich niedriger. Der pro-Kopf-Ausstoß in Frankreich ist bei vergleichbarer Industrialisierung zum Beispiel nur etwa halb so hoch wie in Deutschland.

    Ich stelle mir hingegen vor, dass das daran liegt, dass große Teile der chinesischen Bevölkerung, vor allem auf dem Land, infolge ihrer Armut (und damit ihrer Lebensweise und Konsumgewohnheiten) einen viel kleineren CO2-Ausstoß als der deutsche Durchschnittsmensch haben.

    Absolut gesehen ist China durch die Gesamtbevölkerung freilich trotzdem einer der Hauptemittenten.

    Da stimme ich dir zu, Kulti, sehe aber keinen Widerspruch zu meinen Ausführungen. Deshalb habe ich ja den pro Kopfausstoß an CO2 mit einem vergleichbar zu Deutschland industrialisierten Land, nämlich Frankreich, verglichen.

    auch aktuell liegt der deutsche pro-kopf-ausstoß immer noch über dem chinas.

    Hätten wir mehr auf Kernenergie statt auf Kohle und Gas gesetzt, wären unsere Werte auch ganz deutlich niedriger. Der pro-Kopf-Ausstoß in Frankreich ist bei vergleichbarer Industrialisierung zum Beispiel nur etwa halb so hoch wie in Deutschland.

    Im Ergebnis sind deren Vorstellungen über die Verfasstheit unseres Staates, insbesondere im Hinblick auf das Demokratieprinzip und die Verfasstheit als föderale parlamentarische Demokratie derart fundamental, dass sie selbst durch eine Verfassungsänderung nicht möglich wären, da die Ewigkeitsklausel im Grundgesetz tangiert würde. Ein Rückgriff hierzu auf die abgeleitete, verfassungsändernde Gewalt, den "pouvoir constituant dérivé" ist nicht möglich, da aufgrund der Ewigkeitsklausel gewisse Grundrechte und staatsorganisatorische Prinzipien des Grundgesetzes auch nicht mit der berühmten ⅔-Mehrheit geändert werden können. Demzufolge ist ein Rückgriff auf den "pouvoir constituant", die eigentlich verfassungsgebende Gewalt, also auf das Fundament der Legitimation, erforderlich, um eine gänzlich neue Verfassung für Deutschland zu schaffen. Dies setzt aber entweder die Selbstauflösung des momentanen Staatswesens oder aber einen revolutionären Prozess zur Auflösung der bisherigen Verfasstheit unseres Staates voraus. Beides halte ich nicht einmal ansatzweise in näherer Zukunft für eine realistische Perspektive. Mit kurzen Worten, dieser Teil der Forderungen ist derart unrealistisch und nicht mehrheitsfähig, dass sie dem Klimaschutzthema meiner Auffassung nach einen Bärendienst erweisen.

    Ella sitz seit ihrer Festnahme im November 2020 in U-Haft. Rund sechs Monate später kam es dann zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Alsfeld, das Ella wegen gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilte. Hiergegen legte Ella Ella Berufung zum Landgericht Gießen ein. Dieses verurteilte Ella Anfang April 2022 unter Strafmaßreduzierung von 6 Monaten zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichen Angriff auf die Polizisten wegen gefährlicher Körperverletzung. Weil sie einen Großteil der Strafe bereits abgesessen hatte, wäre sie unter normalen Umständen frei gekommen. Aufgrund des Umstandes, dass sie ihre Identität weiterhin nicht preisgegeben wollte, blieb sie in Haft. Gegen dieses Berufungsurteil legte Ella Revision zum Oberlandesgericht Frankfurt ein. Anfang Mai gab Ella ihre Identität gegenüber der Staatsanwaltschaft preis und wurde aus der U-Haft entlassen. Die Fortsetzung dieser Geschichte wird sich also vor dem OLG Frankfurt abspielen.

    hm- verstehe ich das richtig Bion

    also ist auch Gewalt, Zerstörung ok- bei zivilem Ungehorsam, nur soll ich ich bei der Festnahme keinen Widerstand leisten und zeige so , dass ich die Strafe dafür akzeptiere/respektiere aber nicht die Gesetze? Bürgerlicher Ungehorsam sind zum Beispiel friedliche Demos ohne Zerstörung , ohne Gewalt - ich bin ungehorsam innerhalb des gesetzlichen Rahmens ?

    Nein, klassische Gewalt und willkürliche Zerstörungen werden von den beiden nicht mehr als ziviler Ungehorsam begriffen. Sorry, mein Zitat war da etwas aus dem Zusammenhang gerissen. Habermas und Rawls gehen im Grunde davon aus, dass der zivile Ungehorsam immer in einem feinen Grenzbereich zwischen Legalität und Legitimität erfolgt. Insbesondere setzen Sie voraus, dass er für ein nach allgemeinen Grundsätzen moralisches Ziel erfolgt, er darf insbesondere nicht eigennützig und von Gewinnunteressen getrieben sein. Vor dem Hintergrund, dass der zivile Ungehorsam im Ergebnis eine Durchbrechung rechtsstaatlicher Grundsätze und des Gewaltmonopols ist, sehen sie ihn nur in ganz engen Grenzen innerhalb einer freiheitlichen und plural verfassten Demokratie als legitim an. Man muss aber auch festhalten, dass wir hier auf der Ebene der Rechts- und Staatsphilosophie sind, d.h. beide gehen selbstverständlich auch davon aus, dass der Staat den zivilen Ungehorsam als Rechtsbruch bezeichnen und ahnden muss.

    Das ist doch viel zu differenziert und anstrengend :rolling_on_the_floor_laughing: :rolling_on_the_floor_laughing: :rolling_on_the_floor_laughing:

    Ach was :grinning_face:!

    Noch mal kurz zu Howard Zinn, Crazyleni . Der ging mir kürzlich durch den Kopf als ich ein bisschen in Christina Lafonts "Unverkürzte Demokratie - Eine Theorie deliberativer Bürgerbeteiligung" gelesen habe; übrigens sehr empfehlenswert. Die Grundthematik ist zwar eine andere, es geht primär um ein frühzeitiges Gegensteuern gegen die Populismus-Pest, aber der nachfolgende Gedanke passt auch hier:

    Zitat

    [...] Das demokratische Ideal, sich wechselseitig als Freie und Gleiche zu behandeln, lebt von der Selbstverpflichtung, einander von der Vernünftigkeit allgemein verbindlicher politischer Entscheidungen zu überzeugen, und dieses Ideal verkümmert, wenn wir uns gegenseitig schlicht zu Gehorsam nötigen. Nur wenn sich Bürgerinnen und Bürger wirklich verpflichtet fühlen, einander zu überzeugen, können sie sich mit den Institutionen, Gesetzen und Regelungen, denen sie unterworfen sind, auch weiterhin identifizieren und sie ohne Entfremdung als ihre eigenen begreifen. Der gegenwärtige Aufstieg des Populismus zeigt an, welche Gefahr Demokratien droht, die diese Bedenken kurzerhand in den Wind schlagen.


    [...]


    Es geht hier nicht darum, ob von den Bürgern verlangt wird, sich den politischen Entscheidungen anderer zu Fügen. Alle repräsentativen Demokratien verlangen das von ihren Bürgern. Die Frage ist vielmehr, ob auch erwartet wird, dass sie dies blind tun. [...]

    Man muss aber auch festhalten, dass wir hier auf der Ebene der Rechts- und Staatsphilosophie sind, d.h. beide gehen selbstverständlich auch davon aus, dass der Staat den zivilen Ungehorsam als Rechtsbruch bezeichnen und ahnden muss.

    Ist es nicht so? Der zivile Ungehorsam selbst ist nicht strafbar, aber die Handlungen, die in seinem Namen ausgeführt werden, sind im Einzelfall auf Rechtsverstöße zu prüfen.

    Natürlich, strafbar können nur die Handlungen sein. Meines Erachtens ist das entscheidende, dass der zivile Ungehorsam als einem freihetlich-demokratischen Rechtsstaat immanent betrachtet werden muss. Wenn man es nur optisch betrachtet, so haben wir eine regelmäßige Verabredung zu gezielten Straftaten mit zum Teil klandestinen Strukturen, also klassische Merkmale einer kriminellen oder eventuell terroristischen Organisation. Das ist natürlich grober Unfug, eben weil es hier um zivilen Ungehorsam geht.

    Mir gefällt insoweit der Ansatz von Rawls und Habermas recht gut. Rawls hat versucht, ihn wie folgt zu fassen:

    Zitat

    Der ziviler Ungehorsam wird in Situationen ausgeübt, wo man mit Festnahme und Bestrafung rechnet und sie ohne Widerstand hinnimmt. Auf diese Weise zeigt der bürgerliche Ungehorsam, dass er legale Verfahrensweisen respektiert. Der bürgerliche Ungehorsam bringt den Ungehorsam gegenüber dem Gesetz innerhalb der Grenzen der Rechtstreue zum Ausdruck, und dieses Merkmal trägt dazu bei, dass in den Augen der Mehrheit der Eindruck geweckt wird, es handele sich wirklich um eine Sache der Überzeugung und Aufrichtigkeit, die tatsächlich an ihren Gerechtigkeitssinn gerichtet ist.

    Mir der von Zinn noch besser.

    Zitat

    „Man sagt, das Problem sei ziviler Ungehorsam. Aber das ist nicht unser Problem. Unser Problem ist der zivile Gehorsam. Unser Problem ist die große Anzahl von Menschen auf der ganzen Welt, die dem Diktat ihrer Regierung folgen und deshalb in Kriege ziehen, in denen dann Millionen Menschen wegen diesem zivilen Gehorsam getötet werden. Unser Problem besteht darin, dass Menschen gehorsam sind, sich die Gefängnisse wegen Bagatellen füllen, während die großen Verbrecher die Staatsgeschäfte führen. Das ist unser Problem.“

    https://www.deutschlandfunkkul…vilen-ungehorsam-100.html

    Ja, der große Howard Zinn :grinning_face: , geprägt von McCarthy und Hoover sowie in der Zeit der Rassendiskriminierung, der Bürgerrechtskämpfe und des Vietnamkrieges. Diese scharfe Formulierung passt zu ihm und der damaligen Lebensrealität. Primär ist er mir bekannt für sein denkwürdiges Gerichtsgutachten im Ellsberg-Prozess im Hinblick auf die Pentagon-Papers:

    Zitat

    [...] Ich erklärte, dass es in den Papieren nichts militärisch bedeutsames gab, was benützt werden könnte, um der Verteidigung der USA zu schaden, dass die offengelegte Information peinlich für die Regierung war, weil sie zeigte, in den internen Memoranden der Regierung selbst, wie sie die amerikanische Öffentlichkeit belogen hatte.


    […]


    Die Geheimnisse, die durch die Pentagon Papers offengelegt wurden, mochten unangenehm für Politiker sein oder den Profiten von Firmen schaden, die Zinn, Gummi und Öl von weit entfernten Orten wollten, aber das war nicht dasselbe, wie der Nation, dem Volk zu schaden. [...]

    und ich hab gemeint, "bürgerlicher Ungehorsam" sei "Steuern hinterziehen", oder "falsch parken" :smiling_face_with_halo:

    sorry, bin von der Schweizer Politik verdorben

    Ist das denn in der Schweiz überhaupt schon ungehorsam, okay "Falsch Parken" wahrscheinlich schon :flucht:

    Mir gefällt insoweit der Ansatz von Rawls und Habermas recht gut. Rawls hat versucht, ihn wie folgt zu fassen:

    Zitat

    Der ziviler Ungehorsam wird in Situationen ausgeübt, wo man mit Festnahme und Bestrafung rechnet und sie ohne Widerstand hinnimmt. Auf diese Weise zeigt der bürgerliche Ungehorsam, dass er legale Verfahrensweisen respektiert. Der bürgerliche Ungehorsam bringt den Ungehorsam gegenüber dem Gesetz innerhalb der Grenzen der Rechtstreue zum Ausdruck, und dieses Merkmal trägt dazu bei, dass in den Augen der Mehrheit der Eindruck geweckt wird, es handele sich wirklich um eine Sache der Überzeugung und Aufrichtigkeit, die tatsächlich an ihren Gerechtigkeitssinn gerichtet ist.

    hm- verstehe ich das richtig Bion

    also ist auch Gewalt, Zerstörung ok- bei zivilem Ungehorsam, nur soll ich ich bei der Festnahme keinen Widerstand leisten und zeige so , dass ich die Strafe dafür akzeptiere/respektiere aber nicht die Gesetze? Bürgerlicher Ungehorsam sind zum Beispiel friedliche Demos ohne Zerstörung , ohne Gewalt - ich bin ungehorsam innerhalb des gesetzlichen Rahmens ?

    Nein, klassische Gewalt und willkürliche Zerstörungen werden von den beiden nicht mehr als ziviler Ungehorsam begriffen. Sorry, mein Zitat war da etwas aus dem Zusammenhang gerissen. Habermas und Rawls gehen im Grunde davon aus, dass der zivile Ungehorsam immer in einem feinen Grenzbereich zwischen Legalität und Legitimität erfolgt. Insbesondere setzen Sie voraus, dass er für ein nach allgemeinen Grundsätzen moralisches Ziel erfolgt, er darf insbesondere nicht eigennützig und von Gewinnunteressen getrieben sein. Vor dem Hintergrund, dass der zivile Ungehorsam im Ergebnis eine Durchbrechung rechtsstaatlicher Grundsätze und des Gewaltmonopols ist, sehen sie ihn nur in ganz engen Grenzen innerhalb einer freiheitlichen und plural verfassten Demokratie als legitim an. Man muss aber auch festhalten, dass wir hier auf der Ebene der Rechts- und Staatsphilosophie sind, d.h. beide gehen selbstverständlich auch davon aus, dass der Staat den zivilen Ungehorsam als Rechtsbruch bezeichnen und ahnden muss.