Beiträge von BeataM im Thema „Leben ohne Auto - von Bequemlichkeit zu Notwendigkeit und zurück...“

    Ich hatte mal innerhalb der Großstadt einen Arbeitsweg von 3,8 km von Tür zu Tür. Mit dem Rad je nach Ampelanlage 12 bis 15 Minuten, mit Bus und Straßenbahn und der letzten Ecke zu Fuß im günstigsten Fall 35 Minuten, und nach Umstellung des Straßenbahntaktes 45 Minuten. Selbst zu Fuß wäre ich schneller gewesen.


    Und jetzt habe ich 2,5 km. Mit dem Fahrrad je nach Ampellage 10 bis 12 Minuten, mit dem Bus plus die letzte Ecke zu Fuß im günstigsten Fall 20 Minuten.

    Einen Sechserpack 1,5-Liter-Plastikflaschen kann man sehr gut hinten im Fahrradkorb transportieren, sofern es sich um einen stabil befestigten und intakten Korb handelt. An den Fahrradlenker hänge ich nur sehr ungern eine Tasche, mache ich aber manchmal im Notfall, wenn ich mehr gekauft habe, als ich in Rucksack und Fahrradkorb unterbringen kann. Dann packe ich aber nur leichte Sachen in die Tasche und knote die Tasche am Lenker so fest, dass sie nicht baumelt und mir auch nicht in die Speichen geraten kann. Damit fahre ich dann aber auch keinesfalls auf einer normalen Straße, sondern nur auf ruhigen und übersichtlichen Radwegen bzw. in verkehrsberuhigten Zonen im geschlossenen Wohngebiet, wo der Autoverkehr langsam und übersichtlich ist.

    Ich weiß nicht, ob es primär das Umfeld oder die Zeit war. Anfang der 80er, und meine Mutter hätte sich niemals über so etwas beschwert, weil sie selber viel zu viel Angst hatte, was das für negative Folgen nach sich ziehen könnte.

    Ich kann es nicht einschätzen, aber du hast dich ja oft schon als ängstliches Kind beschrieben und meist lernt man sowas ja, von irgendwo. Wenn deine Mutter also auch eher ängstlich war, dann ist es kein Wunder, dass du solche Situationen auch als besonders bedrohlich erlebt hast, weil dich als macht- und schutzlos. Gab ja niemanden, der sich vor dich gestellt hätte. :smiley_emoticons_hug:


    Eigentlich war Reformpädagogik ja schon am Arbeiten und so öffentliche Demütigungen nicht mehr so normal. Also heute würden die Lehrkräfte gekreuzigt werden, wenn sie sowas täten.

    Naja, meine Eltern sind von Eltern großgezogen worden, die das Dritte Reich miterlebt haben. Natürlich hatten die alle Angst, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Und da waren nicht nur meine Eltern so, sondern der Großteil der Eltern meiner Klassenkamerad:innen und der Nachbarskinder. Unsere Lehrer hatten teilweise noch als Soldaten in den letzten ein, zwei Jahren des Zweiten Weltkriegs gedient. Vielleicht wird es dadurch etwas klarer, was für einen Unterschied es macht, in der Zeit 5 bis 10 Jahre älter oder jünger gewesen zu sein. Ich glaube, dass das, was Ende der 70iger/Anfang der 80er Jahre in Schule und Kindergarten noch möglich war, bereits Mitte/Ende der 80er Jahre nicht mehr möglich und auch nicht mehr denkbar war. Mein Bruder ist zwei Jahre jünger als ich, bei dem war vieles schon anders, und eine Nachbarstochter war nochmal ein Jahr jünger. Selber Kindergarten, selbe Schule, aber komplett andere Kultur, nur drei Jahre später.

    Du hattest ein echt abartiges Umfeld. Bei uns war das ganz anders. Die Polizei war sehr nett und hilfsbereit und fahren durften wir natürlich selbst und das durften meine Kinder auch. Die Strecke wäre hinsichtlich der Aufsichtspflicht für ein Kind alleine so in der ersten oder zweiten Klasse bestimmt nicht günstig gewesen, aber verboten war das sicher nicht.


    Und bei so einem Pranger hätte meine Mutter die Schule in Fetzen gelegt.

    Ich weiß nicht, ob es primär das Umfeld oder die Zeit war. Anfang der 80er, und meine Mutter hätte sich niemals über so etwas beschwert, weil sie selber viel zu viel Angst hatte, was das für negative Folgen nach sich ziehen könnte.

    Den gibts eh, hier in Bayern machen den alle in der 3. Klasse.

    In Schleswig-Holstein auch, vorher hatten wir auch Verkehrsunternehmen als extra Schulfach. Vor dem Bestehen des Fahrradführerscheins durfte man nicht mit dem Rad zur Schule fahren, und ja, das wurde auch kontrolliert. Deswegen wundere ich mich immer, wenn hier oder anderswo Menschen davon erzählen, dass ihre Kinder in der ersten, zweiten, dritten Klasse mit dem Rad zur Schule fahren. Wäre bei uns nicht möglich gewesen.

    Das ist keine amtliche Fahrerlaubnis - die Schulen können das als Wunsch äußern, aber nicht wirklich verbieten.

    Doch, konnten sie damals.


    Lehrer*innen haben das kontrolliert, Eltern wurden bei Verstoß einbestellt, die Polizei kam in die Schule, Kinder, die das gemacht haben, wurden durch die Klassen geführt als mahnendes Beispiel, was passiert, wenn man dagegen verstößt.

    Radfahrer koennte auch eine Art Fuehrerschein bekommen. Warum auch nicht?

    Den gibts eh, hier in Bayern machen den alle in der 3. Klasse.

    In Schleswig-Holstein auch, vorher hatten wir auch Verkehrsunterricht, sowohl praktisch als auch theoretisch, als extra Schulfach. Vor dem Bestehen des Fahrradführerscheins durfte man nicht mit dem Rad zur Schule fahren, und ja, das wurde auch kontrolliert. Deswegen wundere ich mich immer, wenn hier oder anderswo Menschen davon erzählen, dass ihre Kinder in der ersten, zweiten, dritten Klasse mit dem Rad zur Schule fahren. Wäre bei uns nicht möglich gewesen.

    Als Radfahrerin, die alleine unterwegs ist, hasse ich nebeneinander fahrende, gemütlich klönende andere Radfahrer*innen, weil die oft so viel von der Straße blockieren, dass man auch mit dem Rad nicht überholen kann, und dann muss man in nervtötender Langsamkeit hinter denen herschleichen.


    Wenn ich zu zweit unterwegs bin, finde ich Nebeneinanderfahren und dabei gemütlich Klönen aber toll, und da nerven mich diese anderen Radfahrer*innen, die so schnell unterwegs sind und ständig überholen müssen.

    Nun, der Punkt der Verkehrssicherheit, der hier gemacht wird, ist, dass bei konstanter Geschwindigkeit eine kürzere Gruppe Radfahrer schneller zu überholen ist als eine längere, und angesichts der vorgeschriebenen seitlichen Abstände es sowieso nur geht, wenn kein Gegenverkehr vorhanden ist, so dass die größere Breite bei zweispurigen Straßen keine Rolle spielt.

    Ja, schon klar, hat aber nichts mit meinem Einwurf zu tun.

    Als Radfahrerin, die alleine unterwegs ist, hasse ich nebeneinander fahrende, gemütlich klönende andere Radfahrer*innen, weil die oft so viel von der Straße blockieren, dass man auch mit dem Rad nicht überholen kann, und dann muss man in nervtötender Langsamkeit hinter denen herschleichen.


    Wenn ich zu zweit unterwegs bin, finde ich Nebeneinanderfahren und dabei gemütlich Klönen aber toll, und da nerven mich diese anderen Radfahrer*innen, die so schnell unterwegs sind und ständig überholen müssen.

    Wenn es mir so gehen würde: ich wohne praktischerweise an der Endhaltestelle/Anfangshaltestelle, da ist immer ein freier Platz. Die Bushaltestelle ist näher an meinem Hauseingang als der nächste Autoparkplatz. Der Bus hält auf seiner Strecke durch meinen Stadtteil direkt vor mehreren Supermärkten und Ärztehäusern und Apotheken. So nahe dran wie die jeweilige Bushaltestelle ist kein Autoparkplatz. Weiterhin würde ich mir einen Rollator mit Einkaufskorb und Sitzmöglichkeit anschaffen, damit entfällt sowohl das Schleppen der Einkäufe als auch das Warten im Stehen an Bushaltestellen.



    Disclaimer: ja, das ist meine persönliche Situation. Ja, mir ist bewusst, dass nicht jeder so wohnt. Ja, mir ist bewusst, dass nicht jeder so wohnen kann. Nein, ich sage damit nicht, dass alle, die es könnten, das so machen sollen/müssen. Es geht hier nur um mich, wie ich die angeführte Situation ohne Auto bewältigen würde/werde.

    Aber du hattest schonmal ein eigenes Auto, oder nicht?

    Ich kenne mehrere Leute, die zwar mit 18 oder 19 den Führerschein gemacht haben, weil das nunmal jeder macht, die sich aber einfach zu unsicher zum Autofahren fühlen.

    Nein, nicht direkt. Ich habe mit 18 den Führerschein gemacht, weil es sich so gehörte, ich war aber von Anfang an nicht gut und habe ewig viele Fahrstunden gebraucht.


    Dann konnte ich für ein Jahr einen Kleinwagen in der Familie nutzen, und es war schon schön, nicht nur das machen zu können, wo man mit dem Bus hinkam, aber dann bin ich zum Studieren in eine andere, größere Stadt gezogen. Am Anfang konnte ich das Auto hin und wieder dorthin mitnehmen, habe aber gemerkt, dass ich mit dem doch unübersichtlicheren Verkehr in einer größeren Stadt überhaupt nicht zurechtkam und dass ich für längere Autobahn- oder Überlandfahrten auch nicht geeignet bin. Ich verliere die Übersicht, mir wird schwindlig, wenn ich in die Rückspiegel schaue, ich kann keine Entfernungen und Geschwindigkeiten abschätzen, ich bin unkonzentriert, schweife in Gedanken immer ab, habe die ganze Zeit Angst, dass ich mit schwierigen Situationen konfrontiert werde, die ich nicht bewältigen kann, und nachtblind bin ich inzwischen, glaube ich, auch noch. Das einzige, was ich wirklich gut konnte, aber auch nur mit einem bestimmten Autotyp, ist rückwärts einparken.


    Lange Rede, kurzer Sinn, irgendwann hatte ich das Auto nicht mehr zur Verfügung und als Studentin konnte ich mir damals auch schlichtweg kein eigenes Auto leisten, allein die Versicherung hätte 200 DM im Monat gekostet, das hätte ich überhaupt nicht wuppen können. Und dann hatte ich relativ lange wenig Geld, jedenfalls immer zu wenig um ein Auto kaufen und auch versichern zu können. Wenn man das als Fahranfängerin nämlich selber machen muss, ohne irgendwelche Prozente übernehmen oder es als Zweitwagen der Eltern nutzen zu können, ist das rasant teuer. War nie drin. Zwischenzeitlich musste ich beruflich hin und wieder fahren, ich habe sogar nochmal Fahrstunden dafür genommen, aber es ist ein Wunder, dass ich keinen schweren Unfall verursacht habe. Es geht einfach überhaupt nicht, und ich saß 2010 das letzte Mal hinterm Steuer.

    Ich hab den Eindruck, sobald hier jemand schreibt, daß er gut ohne Auto klarkommt, verstehen andere Leute hier "ihr müsst auch alle ohne Auto auskommen!"

    Ich kann ja nichts daran ändern, dass ich ohne Auto auskommen muss. Es möchte sich sicherlich niemand mit einer derart schlechten Fahrerin wie mir die Straßen teilen. Und ich möchte niemanden verletzen oder töten, daher ist es besser für mich und alle anderen, wenn ich nicht fahre.

    Nö, das stimmt nicht, in der Regel spreche ich hier von meinen persönlichen Lebensumständen, und reflexartig kommt dann immer von anderen „das geht aber doch gar nicht, weil bei mir xyz“. Und ja, dann halte ich gegen, denn wenn andere sagen, dass es bei ihnen nicht geht und es als absolute Wahrheit darstellen, kann ich genauso darauf beharren, dass es bei mir eben so geht. Geht halt nicht nur um die anderen, sondern auch um mich.

    Und genauso bin ich leid, immer dasselbe zu erklären: ich bin nicht in der Lage, sicher Auto zu fahren. Also muss ich mein Leben ohne Auto einrichten. Kinder habe ich nicht, also kann mich später auch niemand fahren. Meine Eltern kann ich auch nicht fahren, selbst wenn, ich wohne über 300 km entfernt, da kann ich nicht mal eben hin, um einen Arztbesuch mitzumachen.


    Da bringt es mir genauso wenig, wenn andere mir immer wieder erklären, dass mit einem eigenen Auto alles leichter wäre. Ich kann halt nicht fahren. Also muss es anders gehen, und ich kann mich mit Öffis und Rad gut einrichten. Muss bei anderen ja nicht so sein, aber mich kotzt es echt an, dass das immer so weggewischt wird und mantraartig wiederholt wird, dass manches ohne Auto nicht gehen würde. Ja, mag sein, heißt dann aber, dass ich die Dinge eben nicht machen kann. Mit ist auch klar, dass ich irgendwann vermutlich nicht mehr Radfahren kann. Muss ich dann irgendwie mit klarkommen, Aber Auto kann ich halt auch nicht.

    Hier hast Du einen Denkfehler. Du gehst davon aus, dass „man“ das Auto braucht, um „Oma“ zum Arzt zu fahren. Warum hat in deinem Szenario Oma denn nicht selber das Auto, um damit zum Arzt fahren? Weil sie gesundheitlich nicht mehr kann vielleicht? Ich werde, wenn ich alt bin, keine Kinder oder Enkel haben, die mich mit deren Auto zum Arzt fahren. Also werde ich dann ein Taxi nehmen (müssen), wenn es anders nicht mehr geht. Kann ich von den Tausenden von Euros, die ich jetzt spare, dadurch, dass ich kein Auto habe, dann auch locker bezahlen.

    Die Oma hat selber kein Auto, weil sie selber keinen Führerschein hat. Taxi scheidet aufgrund kleiner Rente weitestgehend aus. Und wenn ich mir anschaue, was sich hier über Jahrzehnte an Arztterminen angesammelt hat, reden wir auch nicht mehr von "mal zum Arzt". Mancher Arzt ist auch weiter weg. Da summieren sich die Kosten schnell.

    Ja, genau das meinte ich doch. Muss bei Oma also ohne eigenes Auto gehen, und jemand anders fährt. Passt halt nicht in die Argumentation „man braucht ein eigenes Auto, weil man mit den Öffis nicht überall hinkommt“, sondern gehört zum Themenkomplex „wenn man keine Angehörigen hat, die in der Nähe wohnen und einen auf eigene Kosten fahren, kommt man nicht mehr überall hin“. Ich bezweifle ja nicht, dass es so ist, deine Argumentation ist aber halt nicht passgenau, weil sie verschiedene Dinge durcheinander wirft.

    Und wenn man die Oma vor der Arztpraxis ein- und aussteigen lassen kann, weil die auch kleinere Laufwege nicht mehr schafft, steht außer Frage, ob man ein Auto braucht oder nicht.

    Hier hast Du einen Denkfehler. Du gehst davon aus, dass „man“ das Auto braucht, um „Oma“ zum Arzt zu fahren. Warum hat in deinem Szenario Oma denn nicht selber das Auto, um damit zum Arzt fahren? Weil sie gesundheitlich nicht mehr kann vielleicht? Ich werde, wenn ich alt bin, keine Kinder oder Enkel haben, die mich mit deren Auto zum Arzt fahren. Also werde ich dann ein Taxi nehmen (müssen), wenn es anders nicht mehr geht. Kann ich von den Tausenden von Euros, die ich jetzt spare, dadurch, dass ich kein Auto habe, dann auch locker bezahlen.


    Kosten für Öffis im Moment: 49 Euro pro Monat. Mehrkosten für eine zentral gelegene Wohnung im Vergleich zum Land: vielleicht 100 Euro im Monat. Gesparte Zeit und dadurch mehr vom Leben: Unbezahlbar.


    Und ich persönlich wohne und arbeite eben absichtlich so, dass ich kein Auto brauche. Ich hasse Auto fahren, es wäre für mich eine richtige Qual, das für die Arbeit zu brauchen. Die ganze Zeit und das Geld, was dabei drauf geht. Neee danke, beides kann ich anders besser nutzen

    Mein Leben ist zum Glück nicht so, dass ich dauernd ungeplant und zu Unzeiten irgendwo hinkommen muss. Und sollte das dann doch einmal passieren, kann ich mir von dem ganzen Geld, was ich nicht für Anschaffung und Unterhalt eines Autos ausgeben muss(te), ein Taxi nehmen. Für mich wiegen die Vorteile eines eigenen Autos die Nachteile desselben nicht mal ansatzweise auf.