Dann hast du wohl auch was gegen ungeheizte Regenschirme...
Du bist meiner Frage eher unelegant ausgewichen. Warum gibt es Vordächer? warum Dächer bei Bushaltestellen?
Deine Frage habe ich wohl falsch gedeutet und daher bin ich unbewusst elegant ausgewichen.
Tja, wozu gibts Vordächer und Dächer bei Bushaltestellen? Das lässt sich doch mit gesundem Menschenverstand erklären.
Das Vordach ermöglicht dir, in aller Ruhe den Regenschirm zusammenzufalten und dann den Hausschlüssel herauszuholen, um die Tür zu öffnen. Schonmal darüber nachgedacht wie blöd es ist, wenn man zum Beispiel eine Tüte in der einen und den Regenschirm in der anderen Hand hält und nun eine Tür aufschließen möchte? Ohne Vordach müsstest du die Tüte auf den nassen Boden legen oder den Regenschirm weglegen und dann ganz nass werden, um die Tür aufzuschließen. Vordächer haben einfach nur einen praktischen Grund.
So ist es auch bei Bushaltestellen. Die Sitzbank wird bei Regen nicht nass und bei starker Sonneneinstrahlung nicht heiß. Bei Regen bietet das Dach der Bushaltestelle den Komfort, dass man nicht die ganze Zeit einen Regenschirm halten muss und im Sommer spendet es Schatten.
Wir können auch ohne Vordächer und Dächer an Bushaltestellen leben. Sie dienen aber so wie Fahrzeuge mit Motor und Fahrzeuge mit Dach Komfort und Erleichterung im Alltag. Es geht auch um die Verhältnismäßigkeit. Eine Bushaltestelle mit einem Dach zu versehen ist kein großer Akt, alle Gehwege mit Dächern zu versehen aber total übertrieben. So ist es auch bei Autos. Eigentlich ist es doch völlig okay, dass wir uns mit Fahrzeugen fortbewegen, die per Motor angetrieben sind und einen Wetterschutz bieten. Übertrieben ist es jedoch, wenn wir mit einem 3 Tonnen schweren SUV jeden Tag 3km durchs Flachland auf die Arbeit fahren.
Wenn wir uns in Zukunft wieder mit Muskelkraft fortbewegen und den Wetterschutz weglassen, warum haben unsere Häuser dann noch Dächer und warum benutzen wir elektrische Küchengeräte? Bei schlechtem Wetter müssen wir uns zu Hause doch nur passend anziehen und Kochen kann man auch ohne Elektrizität.
Ich fahre gerne Fahrrad, und ich nehme bewusst jede Bewegung mit, die ich im Alltag ohne die Investition zusätzlicher Zeit kriegen kann. Ja, ich könnte mir ein Pedelec leisten, aber meine gut 2 km zur Arbeit und zurück kriege ich auch mit einem normalen Fahrrad in 10 Minuten hin, zumal es ebenerdig ohne Steigungen ist. Tendenz zur Bequemlichkeit, ja, beim Menschen eindeutig vorhanden, aber mittlerweile sollte eigentlich jeder begriffen haben, dass das nicht gesund ist.
Deine zwei Kilometer zur Arbeit sind doch vollkommen verkraftbar mit dem Fahrrad. Die sind sogar noch ebeneerdig ohne Steigung. Dein Arbeitsweg ist absolut traumhaft. Aber für die Argumentation gegen Autos werden nur Arbeitswege wie deine als Basis genommen, um zu behaupten, dass das Fahrrad doch vollkommen ausreicht.
Mein Arbeitsweg sind in der Regel knapp zehn Kilometer und zunächst mit starkem kurzen Gefälle und dann mit längerer Steigung. Natürlich hört es sich echt traumhaft an, dass man diesen Weg doch jeden Tag als sportliche Betätigung nutzen kann, aber ich arbeite nicht acht Stunden lang im Büro, sondern acht Stunden lang in einer Werkstatt. Zudem stehe ich nicht einfach nur viel an einer Stelle, sondern laufe sehr viel quer duch das Werksgelände, muss bei einigen Tätigkeiten viel körperliche Kraft geben, klettere hier und da mal herum und arbeite auch manchmal unter erschwerten Bedingungen. Wenn dann alle paar Wochen mal unser Alarm losgeht, rücken wir mit unseren Einsatzfahrzeugen aus und haben dann einen Einsatz (ähnlich wie Technische Hilfeleistung) mit 'Open End'. Irgendwann sind wir fertig, sowohl mit dem Einsatz, als auch körperlich. Ist zwar selten, kommt aber dennoch vor.
Zu einem Job, bei dem man körperlich viel leistet, mit dem Fahrrad zu kommen, raubt einem schonmal nötige Energie. Dann auch noch nach Feierabend die Restenergie für den Heimweg mit dem Rad zu verbrauchen gibt einem den Rest.
Dein Arbeitsweg ist wirklich klasse und für jeden wünschenswert, aber leider nicht die Regel, sondern eine Ausnahme. Höchstens diejenigen, die den ganzen Tag im Büro sitzen, würden auch einen etwas anspruchsvolleren Arbeitsweg mit dem Rad zurücklegen.
Bei uns auf der Arbeit gibt es immer wieder Wünsche, die Parkflächen zu vergrößern, weil es an Parkplätzen mangelt und man zu manchen Uhrzeiten echte Probleme hat, einen Parkplatz zu finden. Manche Mitarbeiter sind aber dagegen, wollen das Fahrrad fördern und haben schon erreicht, dass wir statt mehr Parkplätze zu errichten mehr Fahrradständer aufbauen. Die Fraktion, die gegen die Parkplätze und für mehr Fahrradstellplätze sind, stammen nahezu alle aus Bürojobs.
Besonders bemerkenswert ist, dass unsere Fahrradständer vor dem Verwaltungsgebäude voll ausgelastet sind, aber die Fahrradständer vor den Werkstattgebäuden kaum genutzt werden. Da sieht man, dass nunmal diejenigen, die körperliche Arbeit geben, ein motorisiertes Fahrzeug brauchen. Sicherlich könnte ein Teil von ihnen zumindest ein Elektrofahrrad fahren, um motorisiert zu sein, aber eben nicht alle. Besonders bei schlechtem Wetter nimmt man dann doch wieder das Auto, weil es den Wetterschutz bietet.
Man kann nicht einfach von seinem persönlichen Arbeitsweg und seiner beruflichen Tätigkeit auf alle anderen schließen und behaupten, das Fahrrad wäre die bessere Alternative zum Auto. Leider fehlt sehr vielen Menschen in der Diskussion um Fortbewegungsmittel die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Darum kommen besonders von unseren politischen Entscheidungsträgern immer nur "Lösungen", die nur einer kleinen Gruppe nützlich sind und nicht allen.