Genderismus im Alltag - oder auch nicht?

  • In meinem Freundes und Bekanntenkreis gendert auch (fast) keiner.

    Es geht doch einfach nur um die Diskussion. Was ist daran falsch?

    Wenn ich dich richtig verstanden habe findest du aktuell schon allein den Diskurs "zeitlich" unpassend, bzw. offenbar generell unnötig?


    Und wer möchte Dorfjugendliche als Nazi brandmarken weil sie Neger sagen? Also ich nicht.

    Klar, irgendwo in den weiten des Internets gibt es bestimmt die das tun oder Fordern, aber das ist ne verschwindend geringe Minderheit und bestimmt nicht der mehreitliche Anteil der Gruppe(n) die über das Gendern diskutieren möchte.


    Ich finde das fokussieren auf ein paar radikale Forderungen von kleinen Twitter Gruppen um das ganze Thema dann zu diskreditieren, ist eines der größten Probleme unserer Zeit. Und das passiert ständig, im Gegensatz zu "harmlose-jugendliche-als Nazis beschimpfen"

  • Das Gendern ist einfach nur hinreichend tauglich für offizielle Dokumente, die ohnehin eine gewisse Steifheit und Umständlichkeit mit sich bringen. Leider, ich hätte sehr gern eine gute Lösung, aber das Gendern ist nicht diese Lösung, so leid es mir tut. Und es wird sich in dieser Form auch nicht durchsetzen, weil es einer ganz elementaren Grundregel des Sprachwandels widerspricht: Es ist nicht effizient. Sprache funktioniert im Wesentlichen nach diesen Parametern:


    1) Ist eine Sprachgewohnheit effizient, also reduziert sie Aufwand und Komplexität?

    2) Reduziert eine Sprachgewohnheit die vorhandenen Ausdrucksmöglichkeiten oder erhöht sie sie/bleiben sie gleich?

    3) Beinhaltet eine Sprachgewohnheit die Möglichkeit, sich gegen andere abzugrenzen, den eigenen Status innerhalb einer bestimmten Gruppe zu erhöhen?


    Das Gendern verliert bei Punkt 1 massiv, dass der Zugewinn bei 2 dadurch nicht ausgeglichen wird. 3 hingegen ist mit einem klaren Ja zu beantworten. Deshalb denke ich, dass es sich in einigen universitären Kreisen gut hält. Sprachsystematisch betrachtet ist es aber ein Notbehelf.

  • Klar, irgendwo in den weiten des Internets gibt es bestimmt die das tun oder Fordern, aber das ist ne verschwindend geringe Minderheit und bestimmt nicht der mehreitliche Anteil der Gruppe(n) die über das Gendern diskutieren möchte.

    Lol.

    Schau Dich nur mal hier im Forum um. "Verschwindend geringe Minderheit". Das ich nicht lache.

    -tachykard-

    איפה שיש חיים, יש תקווה

  • Es gibt auch noch Dörfer in D, wo junge Menschen ganz normal "Neger" sagen, ohne dass ihnen ein rassistischer Gedanke im Kopfe schwirrt, sie kennen es nicht anders und auf dem Dorfe korrigiert sie niemand.

    In welchem Kaff soll das denn sein? Also ich bin wirklich ein Dorfkind und schon als ich klein war, war das auf dem Dorf kein normales Wort mehr und heute würdest du hier ernsthaft schräg angeguckt. Als es vorkam, wurde es auch in der Schule thematisiert und im Kindergarten.

  • Wenn ich mit gleichaltrigen aus der Heimat (Kleinstadt+umliegende Dörfer in Thüringen) rede, kommt von denen auch schonmal das N-Wort. Zum Beispiel, wenn in einer Serie ein dunkelhäutiger mitspielt. Ist dann aber nicht rassistisch gemeint, sondern einfach nur eine Beschreibung der Person ohne diese abwerten zu wollen.

    Wir sagen unter uns auch weiter Mohrenkopf oder Negerkuss. Einfach weil wir da nie einen rassistischen Hintergrund gesehen haben und das Wort nie überhaupt ansatzweise mit dunkelhäutigen Menschen in Verbindung gebracht haben. In der Öffentlichkeit sagen wir es nicht, nur meine Großeltern muss ich da immer wieder etwas sensibilisieren.

    Aber ja, unter uns war das früher normal und viele alte Schulkameraden verwenden die Worte zumindest im geschützen Rahmen heute noch.

  • Ich hab es öffentlich nie verwendet. Hab aber immer wieder mal mitbekommen wie sich schwarze Jugendliche als N bezeichnet haben.


    Was mich total gewundert hat, in unserer heutigen Zeit, dass zB der Song "Roses" ganz ohne auspiepen des bösen N-Wortes gespielt wurde. Bis mir aufgefallen ist dass der Artist selber Schwarzer ist.

    -tachykard-

    איפה שיש חיים, יש תקווה

  • Erstaunlicher Beharrungswillen, denn Radio und TV gibts da ja auch schon und es wäre ja nicht so, dass es sich um eine totale Neuerung handelt, die nie medial diskutiert wurde.

  • Joa mir ist das latte ob sie "Nigga" auspiepen oder nicht, weiß eh jeder was gemeint ist. Ich denke eher dass es nicht ausgepiept wurde weil es ein Schwarzer singt oder eben weil es Englisch und nicht Deutsch war.


    Im Radio wird sonst teils auch schon gegendert, zumindest auf Deutschlandfunk :face_with_tears_of_joy: Also genereller Beharrungswillen im Radio, obs nun gendern oder N-Wörter angeht, was auch immer das sein soll (Beharrungswille) würd ich das nicht nennen.

    -tachykard-

    איפה שיש חיים, יש תקווה

  • Vielen lieben Dank für deinen konstruktiven Beitrag :red_heart:

    Ich sehe vorallem in Punkt 1 ein Problem im Alltag. Denn in der heutigen Zeit, wo alles unfassbar komplex geworden ist, wünscht man sich Minimalismus und Vereinfachung ohne Wesentliches zu unterschlagen. Da bin ich mir beim Gendern noch nicht so ganz sicher, inwiefern da etwas vereinfacht wird bzw. übersichtlicher :face_with_monocle:
    Ich denke auch, solange sich keiner beschwert, ändert sich da auch nichts in der Arbeit, im Verein oder im Kinderchor. Außer ein paar Menschen halten das für ganz dringend nötig, im integrativen, bilingualen Kindergarten den Kleinen das von Kindesbeinen an beizubringen. Ich wäre schon froh, wenn die Kinder halbwegs grammatikalisch korrekte Sätze sprechen könnten, für ganz Ambitionierte kann man dann noch gendern :smiling_face_with_smiling_eyes:
    By the way, gibts schon Kinderbücher die das Thema ansprechen?

  • "Verschwindend geringe Minderheit". Das ich nicht lache.


    Also in meiner linksgrünversifften Social Media Blase wird sowas eher belächelt :winking_face:


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

  • Hab aber immer wieder mal mitbekommen wie sich schwarze Jugendliche als N bezeichnet haben.

    Ja, das ist ja auch etwas komplett anderes. Die rassistische Konnotation hängt ja nicht ganz unwesentlich an der Hautfarbe des Sprechers. Wenn Schwarze das N-Wort benutzen, dann fällt das unter Selbstermächtigung und hat einfach einen ganz anderen Zungenschlag. Deshalb ist das im RAP ja auch sehr üblich, nur weiße Rapper benutzen das N-Wort besser nicht, weil da eben die Geschichte der Abwertung immer mit schwingt.


    Der einzige Weiße der das offiziell darf, ist Eminem. Der hat die offizielle Erlaubnis mal im Rahmen einer Preisverleihung von Notorious BIG erhalten. :winking_face:


    Es geht ja auch gar nicht darum, was man selbst sich beim Gebrauch des N-Wortes denkt, sondern das was beim schwarzen Gegenüber ankommt oder ankommen kann. Viele erleben dies Wort halt als Beleidigung, als Abwertung, auch so wird es benutzt. Und wenn ich es despkriptiv nutzen würde, dann würde ich halt in Kauf nehmen, dass mein Gegenüber sich verletzt fühlt und sei es nur durch die Erinnerung an vergangene Verletzungen.


    Ich finde das gar nicht so kompliziert. Es ist halt was anderes ob meine beste Freundin mich als Schlampe bezeichnet oder irgendein Mensch den ich nicht kenne. Es ist halt in erster Linie eine Beleidigung und war so auch immer gemeint und gerade DESHALB unterstreicht es die Nähe, wenn es unter Freunden gebraucht wird. Nach dem Motto: "Dir stehe ich so nahe, deiner bin ich mir so sicher, du kannst mich so bezeichnen und wir wissen beide genau wie es gemeint ist."

    Deshalb verbietet sich das N-Wort in jedem deskriptiven Sinn.

  • Jaja, das ist mir schon klar, ich bin ja nicht blöd. So viel Erklärung hätte es nun tatsächlich nicht benötigt.


    Und trotzdem ist es keine ausreichende Erklärung für meine Ursprungsfrage, warum im Radio sehr "konsequent inkonsequent" bestimmte Begriffe ausgepiept werden und andere nicht. Vor allem nicht dann, wenn man


    verbietet sich das N-Wort in jedem deskriptiven Sinn

    hiervon ausgeht.

    -tachykard-

    איפה שיש חיים, יש תקווה

  • Ich erlebe das sehr konsequent, also natürlich von Sender zu Sender verschieden, aber der DLF beispielsweise ist da ja auch recht transparent. Innerhalb von Kunstwerken nicht, im Bereich von Nachrichten werden sie nicht verwendet. Nicht sonderlich komplex.

  • Im Radio wird sonst teils auch schon gegendert, zumindest auf Deutschlandfunk


    Wenn ich das höre muss ich jedes mal innerlich lächeln, nicht weil mir gendern irgendwie wichtig wäre, sondern weil ich sicher bin dass sich eine Menge ewig gestriger wieder über so eine Unwichtigkeit (zumindest kurz) ärgern* werden. :face_savoring_food:

    (*Und ich weiß dass sie es tun, das sieht man an den hunderten Hass Kommentaren wenn in den ÖR gegendert wird.)

    Einmal editiert, zuletzt von yassin ()

  • Ich sehe vorallem in Punkt 1 ein Problem im Alltag. Denn in der heutigen Zeit, wo alles unfassbar komplex geworden ist, wünscht man sich Minimalismus und Vereinfachung ohne Wesentliches zu unterschlagen. Da bin ich mir beim Gendern noch nicht so ganz sicher, inwiefern da etwas vereinfacht wird bzw. übersichtlicher :face_with_monocle:

    Kriegen meiner Beobachtung nach nicht mal die richtig hin, die sehr große Stücke darauf halten, einfach weil es nicht tauglich dafür ist, in einem großen Spektrum von Kontexten und Satzstellungen eine neutrale Form zu bieten. Sehr oft gibt es bessere neutrale oder quasi "fluide" Lösungen, und dem Gendern haftet halt auch noch immer das Problem an, dass auch hier eine wirklich geschlechtsneutrale Form nur "mitgemeint" wird, indem man weiblich:männlich nebeneinanderstellt, oft unter Knirschen im Grammatikgebälk.

    Ich finde es auf der Homepage einer Schule bei "Schüler:innen" völlig okay (Alternative, die manchmal besser ist, manchmal nicht: "Schülerschaft"), aber man muss immer schauen, wo es nützlich ist und wo es Ballast wird. Insofern schätze ich das Gendern als willkommene zusätzliche Option und als Signal, aber auf gar keinen Fall als neue Sprachsystematik, die das generische Maskulinum (das ich sehr gern als generisches Neutrum sehen würde) auch nur ansatzweise vollwertig ersetzt.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!