Mein Downshifting-Faden - der Weg in einen neuen Lebensabschnitt

  • Achtung, die Beiträge mit einer Datum-Überschrift sind älter und vom Med1-Forum kopiert, wo ich diesen Thread begonnen habe. Ich möchte ihn hier fortführen und die Historie nicht verlieren.


    19.08.2017

    Hallo zusammen. Dieser Faden wird mich wohl eine ganze Weile begleiten - vielleicht sogar einige Jahre. Konkrete Fragen werden vermutlich gar nicht auftauchen, aber irgendwo zwischen den Zeilen stecken, auch wenn sie vielleicht in erster Linie an mich selbst sind. Aber natürlich ist jeder Input im Sinne eurer Kommentare oder Erfahrungsberichte ausdrücklich erwünscht, um meine Gedankenlandschaft zu bereichern. Vielleicht bietet sich hier sogar Platz für Fragen anderer, die sich möglicherweise ähnliche Gedanken machen.


    Um was geht's: Downshifting ist ja ein Trend, die berufliche Auslastung zu reduzieren und Lebensqualität zu gewinnen. Mein nächster Geburtstag läutet die 50 ein - ein Alter, von dem ich jung und kühn mal geträumt habe, vielleicht sogar schon ganz auf die Lohnarbeit verzichten zu können. Dass dies relativ utopisch ist, muss ich nicht weiter erläutern, und auch ich muss mich den Realitäten stellen. Ich habe also noch ein paar Jahre vor mir. Es ist aber schon klar, dass ich nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter arbeiten werde. Ein früherer Ausstieg war und ist für mich immer noch ein Ziel.


    Meine berufliche Karriere war ungeplant, aber ich habe sie willkommen geheißen und ich hatte das unglaubliche Glück, in meinem Arbeitsgebiet relativ große Ziele zu erreichen. Ich habe einen eigenen Fachbereich in unserem Konzern begründet, als ich Ende 20 war. Man traute mir das zu, und ich habe die Chance ergriffen. Dieser Bereich wuchs, neben der fachlichen Leitung übernahm ich auch die personelle Leitung, und bald blicke ich auf 20 Jahre zurück, die ich als Vorgesetzter schaltete und waltete, und nebenbei noch Technologien mitbegründete, die unsere Konzern-IT maßgeblich mit prägten. Ich habe mir einen Namen gemacht (auch wenn ich nicht jedermanns Freund sein konnte/wollte), und stets aus Überzeugung gehandelt. Rückblickend bin ich schon stolz darauf.


    Mit der Zeit habe ich aber gemerkt, dass zunehmende Verantwortung mich immer weiter von dem wegführt, was ich fachlich und leidenschaftlich tue. Mit wachsender Größe meines Bereichs wurde das Thema Personalführung immer anspruchsvoller und drängte das Ausleben meiner fachlichen Expertise immer weiter in den Hintergrund. Meine Kollegen machen mittlerweile die Arbeit und lösen Probleme, mit denen ich mich selbst immer gern beschäftigt habe. Ich koordiniere, organisiere, leite, sitze in Besprechungen und Gremien, betreibe Qualitätssicherung. Ich merkte schon vor einigen Jahren, dass mein Zenith erreicht ist und die Balance drohte zu kippen. Um nicht dem Peter-Prinzip anheimzufallen, habe ich zwei weitere Beförderungsangebote ausgeschlagen.


    So halte ich diesen/meinen "Zenith" nun schon einige Jahre auf gleichem Level und ich stehe zu meinem Entschluss, dass ich den Höhepunkt meiner Karriere mit Mitte/Ende 40 eingefroren habe. Damit war ich lange zufrieden. In letzter Zeit meldet sich aber in mir immer öfter eine Stimme, die mir sagt, dass man nach jedem Gipfel auch irgendwann mal wieder absteigen sollte, weil das Erreichte ausreichend genossen wurde, aber nun nichts Neues mehr bietet. Ich möchte mich auf neue Gipfel konzentrieren, aber nicht mehr im Berufsleben. Daher fange ich an, konkret über die Gestaltung meines Rückzugs nachzudenken, der sich sicherlich über einige Jahre hinziehen wird, aber ich möchte anfangen, ihn zu gestalten und mir sowie meinem Abteilungsbereich (zu dem ich emotional ja als Gründer eine starke Bindung verspüre) Perspektiven aufbauen, die den Interessen beider Seiten gerecht werden.


    So viel erst einmal für eine grobe Einführung - die Initialisierung einer Reise, auf die ich mich begeben möchte. Ich werde später nochmal ausführlich über die aktuelle Situation und Details eingehen und alles noch etwas ergänzen, wofür mir jetzt die Zeit gerade nicht reicht. Auch wenn sicher noch keine Antworten auf diesen Start-Beitrag kommen, freue ich mich über Leser, die diesen Weg von Anfang an verfolgen möchten.

  • 20.08.2017


    Hallo,


    vielen Dank für die ersten Beiträge, obwohl ich ja bisher erst mehr zurückgeblickt habe als in die Zukunft geschaut.


    Plüschbiest, interessant, dass du Pathos herausliest. Ich habe mich das danach auch gefragt, ob ich pathetisch bin. Nein, eher nicht. Eher will ich mich vor mir selbst rechtfertigen. Und nein, ich suche nicht den Sinn des Lebens - ich habe eine sehr konkrete Vorstellung vom Verlauf meines Lebens, die sich nicht jetzt plötzlich geändert hat. Uns (also mir und meiner Frau) war immer ein Anliegen, dass wir arbeiten, um zu leben. Nicht umgekehrt. Und wir sehen viele erfüllende Alternativen und werden nicht nach der Arbeit in ein Loch fallen. Ich habe den Faden auch absichtlich ins Beruf-Unterforum gesetzt, weil es mir tatsächlich um Veränderungen im Beruf geht nach relativ langer Zeit. Warum will ich mich vor mir selbst rechtfertigen? Trotz dieser Einstellung zum Beruf bin ich ein sehr verantwortungsbewusster Mensch. Ich kann nicht emotional einfach etwas hinwerfen, was ich mit aufgebaut habe. Ich suche den geregelten Ausstieg und nicht den "Verrat".


    Vielleicht hole ich noch ein bisschen aus, nicht dass man mir eine Midlife-Crisis unterstellt. Tatsächlich besteht mein Lebensziel aus kreativen Dingen und Genuss. Ich bin ein aktiver Mensch und mache schon heute neben dem Beruf eine Menge Dinge. Ich mache Musik, filme und fotografiere, vieles davon auch gewerblich (aber ohne Zwang, solange das Finanzamt am Ende eine schwarze Null sieht). Ich habe mich auch schon an einem Buch probiert (was ich im Ruhestand mit mehr Zeit definitiv wieder aufgreifen möchte). Der gute Verdienst (sowohl meine Frau als auch ich haben Führungspositionen im Unternehmen) und unsere nachhaltige Lebensweise ermöglichen glücklicherweise einen früheren Ausstieg aus dem Berufsleben, ohne dass wir uns anschließend als Lebenskünstler durchschlagen müssen. Finanziell müssen wir uns keine Sorgen machen und unser Lebensstandard wird nicht sinken. Das ist ein Geschenk, was wir sehr schätzen und was nicht selbstverständlich ist. Daher haben wir nie so gelebt, dass wir unser Einkommen sinnlos verschleudern, sondern alles, was wir nicht brauchen, in zukunftssichernden Projekten angelegt. Unser Lebensziel war nie Reichtum, sondern Zeit (anstatt bis 67 einfach durchzuarbeiten und zu konsumieren). Und die möchten wir in paar Jahren ernten.


    BesagteFrau, genau das sind die Gipfel, die folgen sollen: das Gefühl zu haben, wieder komplett über unsere Zeit selbst zu verfügen. Uns mit unseren Hobbies und Leidenschaften vollends ausleben und aus dem Vollen schöpfen. Dinge wie Bücher schreiben ausprobieren. Mich musikalisch weiterentwickeln. Wir streben auch ehrenamtliche Tätigkeiten an und haben da schon einige Vorstellungen (bei mir wird es vermutlich der regionale Hospizverein sein). Das sind alles völlig andere Gipfel, die nichts mehr mit dem Lebensunterhalt zu tun haben.

  • 20.08.2017


    blucapart, für dich mache ich eine eigene Antwort auf, weil du die Brücke wieder zum eigentlichen Thema schlägst. Und viele Dinge ansprichst, die mitunter ein Grund für meine Überlegungen sind.

    Zitat

    Frage, ob ich bereit wäre, mit abgegebener Verantwortung weiter im Team zu arbeiten.

    Ja, bin ich. Und ich habe auch mit meinem Vorgesetzten immer offen darüber gesprochen, dass ich nicht mit Personalverantwortung in den Ruhestand gehen möchte. D.h. ich will die Leitung in ein paar Jahren abgeben und mich dann tatsächlich nur noch fachlich einbringen.

    Zitat

    Frage, ob ich jemandem die Nachfolgerrolle zutraue oder schon jemanden in der Hinterhand habe

    Jetzt kommst du zu einem ganz wunden Punkt. Diese Gedanken habe ich mir schon 2-3 Jahre gemacht. Ja, ich kann die Leute maßgeblich aussuchen. Das Problem ist, dass unser Bereich ziemlich nerdig besetzt ist. Führungskompetenz, kommunikatives Geschick und Motivationskünstler findet man in unseren Reihen nicht gerade reichlich besetzt. Ich hatte einen Kollegen, der Ambitionen hatte und den ich als meinen Nachfolger betrachtet habe. Er wurde in diese Richtung auch aufgebaut, hatte sich aber letztes Jahr entschieden, den Bereich zu wechseln. Es gibt zwei weitere Kandidaten, die beide fachlich gefördert wurden und bei einer Person darunter habe ich auch das Gefühl, dass sie auch imstande ist, meinen Bereich zu leiten. Die andere Person sollte mich parallel fachlich entlasten. Die aktuellen Entwicklungen mit diesen beiden Personen waren letztendlich auch ursächlich dafür verantwortlich, dass ich mich gerade wieder ganz stark gedanklich mit meinem Ausstieg beschäftige und auch diesen Faden eröffnet habe. Wir haben nämlich diese Aufbauarbeit ganz konkret verfolgt und offen mit den beiden Kollegen gesprochen, sie gefördert und auch Zeitplanungen für Beförderungen mit Titel gemacht. Person A hat seit einigen Wochen schon einen Titel, Person B hätte ihn im Herbst bekommen sollen. Ich war total happy, wir waren personell komplett und hatten eine gesunde Perspektive an Führungskräften unterschiedlicher Art. Eigentlich rundum sorglos.


    Wie das Schicksal nun will, hat sich wieder alles geändert. Person A hat starke Veränderungen im Privatleben durch Nachwuchs und Todesfälle und es ist aktuell nicht ganz absehbar, ob dies Auswirkungen auf die weitere berufliche Laufbahn hat. Person B hat gesundheitliche Probleme und hat aus eigenem Antrieb kürzlich entschieden, auf die Führungslaufbahn zu verzichten.


    Schlimmstenfalls bedeutet das, dass ich wieder da stehe, wo ich vor einem Jahr schon stand. Ich muss Verantwortungen wieder neu verteilen, Arbeiten umschichten, und habe eine sehr wackelige Perspektive, in welche Hände ich meinen Bereich in 2-3 Jahren mal legen kann. Nichts ist sicher.


    Das eine Extrem bedeutet, dass ich einfach durchleite bis zum letzten Arbeitstag. Das andere Extrem wäre, dass ich auch ohne Ersatz einfach meine Führungsaufgabe zurückgebe und unser Bereich dann kommissarisch mehr oder weniger verwaltet wird, möglicherweise sogar abgewickelt. Beides will ich nicht, aber auch bei einer Lösung dazwischen ist mir klar, dass meine Veränderungswünsche Konsequenzen haben werden. Ich kann natürlich auch darauf hoffen, dass Person A in 2-3 Jahren das Privatleben wieder in ruhigen Bahnen hat und belastbar genug für weitere Verantwortung ist. Aber aktuell hat es was von Pokern, und ich fühle mich unvorbereitet.

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  • 20.08.2017


    Zitat

    Frage nach der zeitlichen Perspektive

    In 2-3 Jahren wollte ich die Personalführung komplett abgeben. Da schwimmen mir momentan die Felle davon, das ist mein Hauptproblem, dass ich mit den aktuellen Entwicklungen vermutlich niemand in diese Richtung konkret aufbauen kann. Und ob der eine Kollege dies in 2-3 Jahren übernehmen kann/wird, steht in den Sternen.


    Ab Mitte 50 würde ich vielleicht auch die Arbeitszeit verringern, aber auch schon ganz konkret über einen Kündigungstermin nachdenken. Ich möchte definitiv vor 60 komplett in den Ruhestand. Ob das mit 55 der Fall ist oder mit 58, das weiß ich noch nicht so genau.


    Das "Wie" ist genau die spannende Frage, wie gestalte ich das, was macht es mit mir (zumal der ideale anvisierte Weg mit meinen zwei Nachzüglern nicht so funktioniert wie geplant), wie egoistisch werde ich sein (möglicherweise auf Kosten des Teams), wird es meinen Bereich dann überhaupt noch geben (wo ich dann 20 Jahre Herzblut hineingesteckt habe).

    Zitat

    Frage, wie meine Partnerin dazu steht.

    Wie gesagt ist es unser Plan. Wir machen das gemeinsam und werden auch gemeinsam kündigen. Der Unterschied ist, dass meine Frau ihre Führungsaufgaben vermutlich nicht abgeben wird. Sie wurde kürzlich nochmal befördert, während ich weitere Beförderungen nicht mehr in Betracht gezogen habe. Sie arbeitet aber auch in einem deutlich größeren Bereich, wo man mehr Chancen hat, neue Führungskräfte zu rekrutieren. Sie versteht aber auch, dass ich als Spezialist mit fachlicher Verantwortung die personelle Verantwortung zunehmend als Belastung empfinde und diese frühzeitig reduzieren möchte.

    Zitat

    Frage, ob ich noch nebenbei in der Tontechnik arbeite und das vielleicht weiter ausbauen möchte.

    Klar werde ich das tun. Aber nicht unter dem finanziellen Aspekt. Das Ziel ist klar, der Weg dahin ein emotionaler und verantwortungsbewusster Spagat, da ich eben der Meinung bin, dass ich "meinen Leuten" was schulde und sie in beste Hände geben möchte.


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  • 20.08.2017


    Zitat

    Frage, ob mein Nachfolger vielleicht gar nicht aus dem Team kommen muss, sondern von außerhalb rekrutiert wird

    Wir haben schon Not, offene Stellen aus dem Haus oder durch externe Einstellungen in unserem Fachbereich zu besetzen. Und es gehört bei uns weniger zur Unternehmenskultur, Vorgesetze als Quereinsteiger zu besetzen. Selbst wenn müsste ich jemand finden, der das machen würde. Aktuell fehlen uns in der Gesamt-IT viele Stellen. Auch das ist ein Aspekt, den ich irgendwie berücksichtigen muss, ggf. auch mit Konsequenzen, auch wenn unsere Soll-Stärke in meinem Bereich aktuell stimmt.

    Zitat

    Vermutung, das ich "mein Baby" in guten Händen wissen muss, um zufrieden in den Ruhestand zu gehen.

    Da bist du wieder nah dran, auch wenn es kein Volltreffer ist. Ich glaube, wenn ich im Ruhestand bin, ist es mir schnell relativ egal, wie mein alter Bereich im Unternehmen aufgeht. Dann haben andere das Sagen und loslassen kann ich das sicherlich. Was mir wichtig ist, gilt für die Zeit, wenn ich die personelle Leitung aufgebe, aber noch nicht im Ruhestand. Ich möchte nicht live erleben, dass der Bereich wegen Mangel an Führungskräften oder fachlicher Verantwortung von irgendeinem Management am grünen Tisch liquidiert wird. Es gibt bei uns viele Umstrukturierungen in den letzten Jahren - dass wir beinahe 20 Jahre unangetastet blieben, grenzt an ein Wunder. Und lieber strukturiere ich selbst noch um, als dass es irgendjemand anderes tut. Dies ist durchaus eine Option, die ich nicht für unmöglich halte. Wie meine Leute darauf reagieren werden, das weiß ich natürlich noch nicht. Aber vielleicht ist es wirklich an der Zeit, wo auch wir uns größeren Veränderungen öffnen müssen.


    Zitat

    Bedenken, dass man ohnehin nicht alles kontrollieren kann und man vielleicht nicht so viel planen sollte.

    Genau. Es wäre schön, wenn ich einfach loslassen könnte (mit den zwei Kandidaten wäre mir das sehr leicht gefallen). Kann ich nicht. Aber möglicherweise nutze ich die Flucht nach vorne, indem ich eben aktiv den Bereich so umbaue oder gar auflöse, wie ich es für gut halte und wie unser Manko an geeigneter Rekrutierung ausgeglichen werden könnte. Das hieße Fusion mit einem geeigneten Bereich, der thematisch zu uns passt, aber vermutlich unter Aufgabe unserer Identität. Aber lieber verhandele ich noch zu meinen Zeiten die Bedingungen, als dass das eben jemand anderes später macht.

    Zitat

    Frage, ob meine Vorgesetzten von meinen Plänen wissen und mich unterstützen.

    Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht. Mein Chef weiß, dass ich ihm 2-3 Jahre vor meinem Ausstieg Bescheid geben werde. Ob er mich unterstützt? Nicht wirklich, es läuft ja. Ich glaube eher, dass er ein bisschen Bammel vor der Zeit nach mir hat, weil dann meine Probleme zu seinen Problemen werden. Noch diese Woche habe ich mit ihm darüber gesprochen, wie wir damit umgehen wollen, dass meine Nachfolger-Planungen jetzt erst mal wieder auf Eis liegen. Konkret habe ich sogar darauf hingewiesen, dass ich bei einer Fusion mit einem bestimmten Bereich (die sogar die Effizienz im Unternehmen steigern würde) nicht im Wege stehen würde. Er hat es mal aufgenommen, wir wollen aber erst in einem Monat über konkrete Maßnahmen reden. Für ihn wäre das schwierig, da wir in diesem Fall einem anderen Dezernat unterstellt wären. Er verliert uns dann, womit auch ein Stück Einfluss genommen würde. Aber ich möchte über jede Option reden.


    Ich bin selbst gespannt, wo wir in einem Monat in unseren Überlegungen stehen und was wir sonst an Möglichkeiten aufgetan haben.

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  • 21.08.2017


    Zitat

    2 Themen in diesem Faden: Verantwortung abgeben, und dann vorbereiten des Privatlebens nach dem Berufsleben.

    Richtig. Das eine ist das "Wie", das andere das "Was". Das "Was" ist mir relativ klar in meinen Vorstellungen. Das "Wie" ist mein Zwiespalt.

    Zitat

    Vermutung, dass es relativ egal ist, wer mein Nachfolger wird, solange die Stellen in der bisherigen Form weiter existieren.

    Nein, so ist es nicht ganz richtig. Ich will schon, dass alles in gute Bahnen gelenkt wird, solange ich da bin. Was aber danach ist, darauf habe ich keinen Einfluss. Darüber mache ich mir auch keine Gedanken. Ich will lediglich nicht gehen und mir den Vorwurf machen, dass ich einen desolaten Zustand hinterlasse. Aber Verantwortung abgeben geht auch nur, wenn man loslässt.

    Zitat

    Bedenken, dass schon viele Menschen viele Pläne für den Ruhestand gemacht haben, davon aber kaum etwas umgesetzt haben.

    Da sehe ich mich glücklicherweise gar nicht und dieses Bild ist glasklar. Da habe ich nicht den geringsten Zweifel, dass mich der Ruhestand mal voll erfülle wird. Ich bin ein hyperaktiver Mensch mit extrem vielen Interessen und Hobbys. Vieles kommt zu kurz dadurch, dass ich arbeiten gehe. Und ich betreibe Hobbys teilweise auch auf professionellem Niveau (mein Nebengewerbe habe ich ja bereits erwähnt, und das werde ich weiterführen). Also definitiv: nein, ich werde eine Menge mit mir anzufangen wissen. Zurück zur Arbeit aus reiner Langeweile? Furchtbare Vorstellung.

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  • 21.08.2017


    Zitat

    Frage nach Anerkennung außerhalb des Berufs


    Ich erzähle dir mal was über Karrieren :grinning_squinting_face: . Meine war nicht geplant. Ich war zwar gut in meinem Bereich, aber vor allem musst du zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Gut allein reicht nicht. Und dann nimmt das Thema irgendwie Fahrt auf - ein spürbarer Teil davon ist ein Selbstläufer. Da nach oben die Luft immer dünner wird, hast du auch immer weniger Konkurrenz. Wenn man früh auf sich aufmerksam macht und später nie "Nein" sagt, ist man irgendwann auf einem Posten, wo man eigentlich nie hin will. Und ich habe genügend Führungskräfte erlebt, die am Anfang Anerkennung erfahren haben, aber irgendwann nur noch ein Witz ohne Rückhalt waren. Das kann ganz schnell umschlagen, denn die Erwartungshaltung steigt, bis du irgendwann nur noch eine Rolle spielst.


    "Anerkennung" ist daher ein sehr fragiles Ding beim beruflichen Werdegang. Ich war zwar geschmeichelt, dass man mir Verantwortung gibt, aber ich war nicht dadurch auf der Suche nach Anerkennung. Diese suchte ich immer durch meine Arbeit, nicht durch meinen Titel.


    Um die Frage zu beantworten: ich weiß nicht, ob ich Anerkennung in meinen sonstigen Tätigkeiten erhalte. Bisher ist sie nicht sonderlich groß, was aber auch daran liegt, dass ich mich musikalisch in einer kleinen Nische bewege. Vielleicht wird ja mein erstes Buch populärer. Was ich mir aber wünsche ist Erfüllung in dieser Tätigkeit. Und Herausforderungen (für die ich wiederum mehr Zeit brauche). Im Beruf war ich auch mal Newbie, und jetzt bin ich zusehends satt. Warum also nicht mal was Neues wagen (dank der finanziellen Sicherheit auch ohne Druck), und das besser nicht erst mit 67.

  • 22.08.2017


    Zitat

    Verständnisfrage: Ich will mich aus Führungsaufgaben zurückziehen, aber bis zum Ruhestand an den gleichen Themen weiterarbeiten?

    Genau. Rückzug in Raten. Ich finde es ungesund, bis zum letzten Tag 100% zu geben und dann einfach zu gehen. Es gibt auch gelebte Abschiedsphasen. Das war in der Schule so, das war beim Wehrdienst so, und das möchte ich auch im Beruf so erleben. Nur stecke ich da viel tiefer drin als in Schule oder gar Wehrdienst. Daher muss ich ein Manöver einleiten, die Maschinen rechtzeitig runterzufahren, um sanft anzulanden. Mit 4-5 Wochen ist es da nicht getan.


    Zuerst will ich die Personalverantwortung abgeben. Dann vielleicht die Arbeitszeit reduzieren. Und am Schluss deutlich vor dem Ruhestand (und auf jeden Fall vor 60) ganz aus dem Berufsleben austreten.

    Zitat

    Frage, ob ich überhaupt noch in technischen Themen fit genug bin, um da wieder in der Praxis einzusteigen.

    Ich habe einige Kompetenzen, wo ich definitiv gut mitspielen kann. Es gibt aber auch Bereiche der Softwareentwicklung, in die jüngere Kollegen schon viel tiefer reingewachsen sind als ich es mangels Praxis jemals konnte. Aber ich will auch gar nicht wieder der "Top-Entwickler" sein, der ich in den 90ern mal war. Vielmehr meine Erfahrung einbringen und wieder näher am täglichen Geschäft sein.

    Zitat

    Falls es keinen geeigneten Nachfolger geben wird, kann ich dann meine Position aufgeben?

    Ich hatte erst gestern noch ein Gespräch mit meinem Vorgesetzen, dass wir uns auf meine zwei Wackel-Kandidaten nicht mehr verlassen können. Ich muss da aber nochmal konkret werden, dass wir gemeinsam eine Lösung für die Zeit in 2-3 Jahren finden müssen. Zur Not einen Plan B. Man wird mich nicht zwingen können, weiter die Leitung des Bereichs auszuüben. D.h. ich muss vermitteln, dass ich es durchaus ernst meine und das Unternehmen genügend Reaktionszeit hat, in der ich gerne konstruktiv an meiner Ablösung mitarbeite. Ob eine einfache Form möglich sein wird oder ungewöhnliche Maßnahmen ergriffen werden müssen, das werden die nächsten Monate zeigen.

  • 09.09.2017


    Ich hatte gerade ein bisschen Urlaub und hatte es nicht geschafft, das Thema in dieser Zeit für mich ruhen zu lassen. Einerseits hat mich das gewurmt, dass ich im Urlaub (zumindest teilweise) diese Gedanken an die Arbeit mit mir rumschleppe, allerdings habe ich auch tief in mich hineinfühlen können, was die Distanz zur Arbeit in mir auslöst. Und da muss ich sagen, eigentlich fand ich das ganz OK, ein Leben mit weniger Verantwortung birgt Freiheiten - damit ich gerade solche Gedanken gar nicht mehr haben muss. Schließlich bin ich ja noch verantwortlich dafür, die Zeit ohne mich als aktive Führungskraft einzuleiten. Also denke ich darüber nach. Und um diese Gedanken auch wieder loszuwerden, muss ich den Schritt natürlich auch gehen.


    Was ich aus der Distanz zur Arbeit für mich auch feststellen konnte, war die Tatsache, dass ich tatsächlich auch bereit bin, etwas abzugeben. Auch der Gedanke einer Fusion mit einer anderen Abteilung erscheint mir zunehmend attraktiv und ich glaube nicht, dass ich dabei etwas verlieren werde oder damit hadere.


    Mein unmittelbarer Chef ist jetzt 3 Wochen abwesend, seit ich aus dem Urlaub zurück bin. Er weiß ja schon durch Gespräche vor meinem Urlaub, dass ich die zukünftige Führungsriege meines Bereichs im Nebel sehe und viele Risiken bestehen. Unser Themenbereich ist recht vielfältig und unser Personal eng abgezählt. Mehr Manövriermasse würde uns helfen und ich werde definitiv nochmal vorschlagen, dass wir die ganzen aktuellen Entwicklungen zum Anlass nehmen sollten, mit einem ähnlichen Bereich (und ebenfalls mit Personalknappheit in einem strategisch wichtigen Thema) zusammenzugehen. Mal gucken, wie er darauf reagiert. Er würde uns in seinem Ressort vermutlich verlieren und es könnte politische Gründe geben, die dagegensprechen. Da lasse ich mich mal überraschen.


    Sollte er diesbezüglich Einwände haben, ist für mich klar, dass ich dann sehr konstruktive Alternativen von ihm brauche. Keine Durchhalteparolen. Denn wenn ich sehe, dass wir einfach nur "weitermachen" und ich in 3 Jahren immer noch vor der gleichen Frage stehe (und ein guter Fusionszeitpunkt möglicherweise überschritten wurde), dann steht für mich jetzt schon fest, dass ich meinen baldigen Rückzug aus der Führung ankündigen werde. Ein Zeitspiel mache ich nicht mit. Wir brauchen jetzt einen Weg mit Perspektiven, wie es nach mir weitergeht und müssen ihn auch einschlagen. Nicht erst in paar Jahren. In diesem Fall muss ich den Druck definitiv erhöhen und ernst machen.


    Ich hatte einen Traum, dass wir mit unserer Personalförderung eine gute Mannschaft aufgebaut haben. Aus personellen und privaten Gründen hat sich dieser Traum zu 60% zerschlagen und ist wackelig geworden. Aktuell erscheint mir die Fusion als sympathischste Alternative. Und das wäre eine Fusion, in der ich von Anfang an keine dauerhafte Personalverantwortung mehr übernehmen würde - nur noch für die Übergangszeit. Klingt sehr attraktiv, mich nur noch auf technische Projektumsetzungen zu konzentrieren. Aber dafür müssen noch viele Menschen ein Wörtchen mitsprechen.


    Der Oktober wird spannend. Mal schauen, ob sich da schon etwas in irgendeine Richtung bewegen kann. Mehr gibt's vermutlich dann in 4-5 Wochen. Jetzt war erst einmal die Erkenntnis für mich wichtig, dass ich tatsächlich bereit bin, loszulassen. Entweder auf eine konstruktive Weise für mein Team und das Unternehmen, oder eben auf einem Konfrontationskurs. Ein Weiter-So um jeden Preis kommt nicht in Frage. Dazu kann mir zu wenig passieren, den Schuh muss ich mir nicht anziehen.

  • 12.09.2017


    Zitat

    Frage, ob ich einfach von mir aus zu einem bestimmten Tag meine leitende Position abgeben kann.

    Doch, das kann ich sagen. Es ist so, dass man Führungstitel "zurückgeben" kann. Den Zwang, eine leitende Funktion auszuüben, gibt es nicht.


    Das ist für mich aber ultima ratio. Ich möchte diesen Konfrontationskurs nicht gehen, ich verstehe mich gut mit meinem Vorgesetzten und hoffe auf Einsicht und konstruktive Unterstützung. Er weiß ja auch, dass ich keine 10 Jahre mehr bleiben werde, d.h. die Lösung muss sowieso gefunden werden.


    Ob ich wirklich alle Betroffenen von einer Fusion überzeugen kann, da bin ich noch sehr skeptisch. Aber wenn das nicht funktioniert, muss mir mein Chef Alternativen bieten. Personalzuwachs, Übernahme von Verantwortung nach außen, Einbeziehen weiterer Vorgesetzter, Qualifizierungsmaßnahmen und Förderung usw..

  • 12.09.2017



    CoteSauvage, ich werde mal darüber nachdenken, inwieweit du Recht haben könntest. Dennoch treffen ein paar Details so nicht ganz zu, wie du geschrieben hast:

    Zitat

    Bedenken, dass ich meine persönlichen Interessen zu sehr in den Vordergrund stelle und erwarte, dass die Firma meinen Vorschlägen folgt.

    Es würde den Faden sprengen und möglicherweise wiedererkennbare Interna nach außen bringen, daher kann ich das nicht näher erläutern. Ich halte diese Fusion aus verschiedenen Gründen auch für das Unternehmen sehr sinnvoll. Und da ich nun mal die Verantwortung für meinen Bereich habe, werde ich diesen Vorschlag auch unterbreiten. Und es gibt dabei 8 objektive Punkte, warum diese Zusammenlegung Vorteile bringt (mein persönlicher kommt dann erst als neunter obendrauf). Man muss auch dazu sagen, dass Umstrukturierungen bei uns im Unternehmen nichts Exotisches sind. Es fand eine Menge davon in den letzten Jahren statt - dagegen sind wir mit unseren 20 Jahren ein Fels in der Brandung. Es ist also nicht so, dass ich hier mit diesem Vorschlag eine Revolution entfache. Auch das muss man wissen, sonst könnte man es falsch einsortieren.

    Zitat

    Bedenken, dass Umstrukturierungen mit Machtverlust einhergehen und grundsätzlich negativ betrachtet werden.

    Der Machtverlust betrifft in erster Linie mich selbst. Ich bin ja bereit, meine Personalverantwortung abzugeben. Und ich stände diesem Modell positiv gegenüber. Dass mein Vorgesetzter wiederum politische Einwände hätte, ist jetzt reine Spekulation. Er hat mit uns nicht wirklich den täglichen Kontakt, als dass wir der strategischste Bereich für ihn wären. Aber das werde ich ja als Antwort erhalten.


    Mir ist klar, dass man so einen Eindruck gewinnen kann, wie du ihn eben hast. Dazu muss man aber sagen, dass ich die doppelte Belastung als Führungskraft und gleichzeitig als fachlicher Leiter technisch schwieriger Themen schon lange mit meinem Vorgesetzten diskutiere. Und ich habe mich schon vor Jahren dafür entschieden, dass ich für die leitende Tätigkeit keinen Titel annehmen werde, sondern meinen fachlichen Titel behalte, weil mir dieser Aspekt der Arbeit einfach näher steht. Nach 20 Jahren in dieser Rolle bin ich müde - verstehst du das? Es war ein Kampf, die geplanten Förderungen in der Mannschaft als Perpsektive auf den Weg zu bringen. Das, was du als fordernd bezeichnest, ist einfach nur das Symptom der Ungeduld - aber mit einer langen Vorgeschichte. An der Situation ist niemand schuld, aber ich muss - auch für mich mal rein egoistisch gesprochen - in den nächsten 2-3 Jahren eine ganz klare Perspektive haben, dass ich meinen Einsatz zurückschraube. Meinentwegen auch mit Plan B und Plan C als Reserve. Fordernd? Vielleicht - aber was wäre dein Rat an dieser Stelle, wenn meine eigenen konstruktiven Ideen langsam zur Neige gehen oder wackelig werden? Vielleicht hat mein Vorgesetzter ja noch ein paar gute Alternativen auf Lager. Nichts wäre mir lieber. Aber bei einem solchen Gespräch müssen alle Möglichkeiten auf den Tisch - inkl. der, die ich beisteuern werde.


    Ich hoffe aber doch, dass du mir zugestehst, dass ich an meinem Ziel festhalte. Das Recht auf Entlastung bieten wir jedem Arbeitnehmer - sei es durch Teilzeitverträge, Abteilungswechsel, Arbeiten von zuhause. Und ich spüre für mich, dass für mich ebenfalls ein Zeitpunkt gekommen ist, wo ich runterfahren möchte. Besser, ich reduziere das jetzt und bleibe noch ein paar Jahre motiviert in meinem Spezialgebiet. Oder in 5 Jahren erfülle ich keine Rolle mehr richtig gut, weil sich dann Frust anstaut. Damit wäre niemandem geholfen. Deswegen scheidet ein "Weiter so" für mich persönlich aus. Und wie ich oben schon schrieb: der Konflikt ist als Lösung das allerletzte, was ich will. Vorher kann ich gerne noch über 10 Modelle diskutieren, die ich im Moment aber selbst noch nicht kenne.


    Habe ich meine Situation bisschen verständlicher erklärt?

  • 15.10.2017


    Ein Monat ist vergangen und es war auch schon Zeit für einige Gespräche. Mein Vorgesetzter ist über meine Pläne nochmal dezidiert unterrichtet worden, dass ich die Personalführung perspektivisch in ca. 3 Jahren abgeben möchte. Ein konkreter Widerspruch kam auch nicht, aber wir sind natürlich auch noch nicht so weit, dass wir uns konkret einig sind, wie dies vonstatten gehen könnte.


    Wie ich bereits befürchtete, gibt es noch klare politische Bedenken gegen meine Vorschläge einer Umstrukturierung. Interessanterweise sieht er selbst in der größeren Organisationsstruktur Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten, aber er ist nicht so sehr daran interessiert, dass sich ausgerechnet in meinem Bereich Veränderungen ergeben. Die Beweggründe sind da eher subjektiver Natur. Die größte Hemmnis bei solchen Dingen sind persönliche Komfortzonen, Einfluss und Besitzdenken.


    Wir werden die kommende Zeit nochmal konkretere Gespräche führen und haben auch schon vereinbart, dass wir mit dem von mir favorisierten Bereich mal einen erhöhten Austausch vornehmen und uns hineinfühlen, wie man Synergien erreichen kann. Möglicherweise wird dies eine Strategie der kleinen Schritte. Mal schauen, wohin uns das führt.


    Aktuell bin ich auch im Austausch mit einer deutlich jüngeren Führungskraft eines verwandten Bereichs, die jetzt schon von den gleichen Sorgen geplagt wird wie ich nach 2 Jahrzehnten. Auch hier gibt es dringenden Bedarf an strukturellen Verbesserungen. Vielleicht war es sogar mein Glück, dass ich das schon so lange mache, denn da konnte ich mich von ruhigen Zeiten an langsam an diese Entwicklung gewöhnen, in der alles immer größer und schnelllebiger wurde. Jedenfalls hat mich dieser jüngere Kollege schon um manche Strategien beneidet, mit der ich diese Doppelbelastung stemme. Es ist natürlich auch sinnvoll, dass man solche Erfahrungen weitergibt und niemand ins kalte Wasser fällt. Aber auch dazu bin ich ja noch lange genug da, um neue Kollegen in dieser Rolle zu unterstützen.


    Auch bei meinen Mitarbeitern habe ich mal vorgefühlt, wo sie Optimierungspotenzial sehen, welche Ansprüche an Führungsrollen gestellt werden. Da ergibt sich noch kein einheitliches Bild. Organisatorische Veränderungen werden nicht als Bedrohung wahrgenommen, da wir Spezialisten und keine Allrounder sind. Insofern würde sich bei der Arbeit wenig ändern. Aber vielen Leuten ist eine Führungskraft mental wichtig, die Zeit hat und die Arbeiten eng begleitet. Das fand ich wiederum spannend, da wir fachlich wirklich sehr fitte Leute haben, denen ich ganze Projekte anvertraue. Dieses Bedürfnis hat mich schon etwas überrascht. Es bedeutet auch für mich, dass es keine "Ausschleichphase" geben kann, in der ich als Führungskraft einfach mal langsamer trete.


    Die Zeiten bleiben spannend. Aber mein Vorgesetzter und ich können Klartext reden und mein Wunsch ist erst einmal projektiert - wenn auch noch sehr vage. Aber immerhin

  • 26.11.2017


    Es geht in kleinen Schritten weiter. Dass ich die Personalführung in ca. 3 Jahren abgeben werde ist mittlerweile in der weiteren Chefetage akzeptiert und wird auch nicht weiter infrage gestellt. Ich hatte sogar mit meinem Chef schon ein Gespräch mit dem Prokuristen für unseren IT-Betrieb wegen allgemeiner organisatorischer Veränderungen und dabei wurde ebenfalls offen darüber gesprochen, dass ich gerne mittelfristig die Aufgaben reduzieren möchte.


    Mit dem Bereich, bei dem ich mir eine Fusion im Haus am besten vorstellen könnte, haben wir vorerst nur tiefere Zusammenarbeit und Austausch vereinbart. Wir probieren es erst einmal auf diesem Weg - dann kann man sich sanft herantasten und später beurteilen, ob eine Zusammenlegung sinnvoll ist. Davon abgesehen ergeben sich zusätzliche Chancen, dass unsere gesamte IT im Umbruch ist und sich zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Dies hat sich glücklicherweise seit einigen Wochen so ergeben, dass an vielen Stellen Bedarf an Veränderungen besteht. Möglicherweise kann ich meinen Bereich auch in diesem Rahmen so positionieren, dass sich die angestrebten Dinge wie Generationswechsel, weniger Verantwortung für mich, neue Führungskräfte usw. bei bleibender Motivation der Mitarbeiter als Seiteneffekt gestalten lassen. Ich habe sogar fast den Eindruck, als stünden die Mitarbeiter großen Veränderungen offener gegenüber, als wenn einfach nur in unserem Bereich die Führungskraft wechselt. Da ich sehr früh in diese Diskussion eingestiegen bin, bin ich in der glücklichen Lage, diese Veränderungen in Grenzen mitzugestalten und konnte auch schon meine Ideen unserem Prokuristen mitteilen, wie ein Wandel unserer gesamten IT-Struktur aussehen könnte. Interessanterweise würde sich diesem großen Wandel mein direkter Chef nicht verschließen, während er eine isolierte Fusion ablehnt. Ein paar Ideen davon finden bei ihm durchaus Gehör, obwohl er uns möglicherweise dadurch verlieren würde.


    Ich glaube, es ist ein glücklicher Zufall, dass genau in der Zeit meiner Veränderungswünsche irgendwie ein großer Bedarf an generellen Umstrukturierungen am Horizont erscheint. Das könnte viel helfen.

  • 11.01.2018


    In wilden Zeiten entpuppt sich die Kursfindung als verdammt anstrengend. Aktuell muss ich mich logischerweise um meine angestammten Aufgaben kümmern, Planungen von Aufgaben und Mitarbeiter koordinieren, Entscheidungen treffen und technische Probleme lösen. Parallel rede ich mit Gott und der Welt über Strategien und Interessen, führe mit meinem Bereich Workshops durch, spreche mich mit Vorgesetzten unterschiedlicher Bereiche ab. Es ist aktuell vermutlich eine der anstrengendsten Zeiten, die ich je hatte, und genau das Gegenteil von meinem langfristigen Ziel. Aber irgendwie war mir klar, dass es anstrengend würde, jetzt in die Zeit meines schrittweisen Rückzugs zu investieren. Das große Bild fehlt mir auch noch, da man natürlich in umfänglichen Umstrukturierungen auf sehr heterogene Interessen stößt. Und ich habe immer noch eine größere Umstrukturierung als Zielbild, in der ich nicht nur eine ruhigere Rolle spielen kann, sondern die auch für das Unternehmen viele Vorteile bringt. Aufgrund allgemeiner Veränderungen in unserer IT trauen sich aber leider viele Entscheidungsträger nicht, das Thema aktiv anzugehen, obwohl sie mir in der Sache fast ausnahmslos zustimmen. Man wartet lieber auf Vorstandssignale, wohin die Strategie gehen soll. Aber warum nicht einen Vorstand mit Vorschlägen füttern? Da stehe ich - leider - noch allein auf weiter Flur. Und das nagt, wenn jeder nickt, aber sobald es konkret werden soll versteckt man sich hinter dem jeweils übergeordneten Vorgesetzten. Für so etwas bin ich nicht geschaffen, das ist reine Politik, aber ich war noch nie ein geschickter Politiker.


    Meine Befürchtung, das wir intern keinen geeigneten Ersatz für mich bereitstehen haben, bewahrheiten sich leider immer mehr - aus unterschiedlichen Gründen. Daher werden wir für meinen Bereich noch mehr Personal aufbauen - nicht nur wegen der organisatorischen Unsicherheiten und dem Berg an Arbeit, sondern vielleicht auch in der Hoffnung, dass wir darunter ein paar geeignete Menschen für Personalführung finden. Ich sehe da aber für mich die Zeit davonrennen, da ich weiß, dass unser Unternehmen nicht das schnellste in diesen Dingen ist.


    Meine Bedenken sind, dass ich mich momentan so reinknie, dass dies irgendwann als tagesüblich angesehen wird und in 3 Jahren statt einer Entlastung vielleicht sogar eine Höherbelastung vorliegt, da man sich daran gewöhnt, dass der Comran das schon irgendwie macht. Das sehe ich schon etwas mit Sorge und es liegt an mir, die Qualität der Fortschritte auch zwischendurch immer mal mit meinen Vorgesetzten durchzusprechen und bei Stagnation auch nochmal daran zu erinnern, dass wir eine Zielvereinbarung haben, die ich in jedem Fall einlösen möchte.

  • 11.01.2018


    Zitat

    Vorschlag, dass meine Frau länger arbeitet.

    Darum geht es nicht. Wir planen den Ruhestand als Paar und ich werde ihr jetzt nicht vorschlagen, dass sie bitte ein paar Jahre länger arbeiten soll, damit ich ein paar Jahre früher gehen kann. Außerdem hatte sie schon ein etwas jüngeres Eintrittsalter in den Beruf als ich (wg. Wehrdienst/Bildungsweg), da ist es wirklich Korinthenkackerei.


    Primär geht es um die Reduzierung von Verantwortung, nicht, die Berufszeit noch um 2 Jahre oder so zu kürzen. Ich habe mit meiner Tätigkeit an sich keine großen Probleme.

    Zitat

    Vorschlag, eine Frist zu setzen, wann ich die Personalführung abgebe.

    Ich habe eine schriftliche Frist gesetzt, dass ich diese Verantwortung in 3 Jahren abgebe. Daran halte ich mich :winking_face:

    Zitat

    Bedenken, dass mein Nachfolger nicht unbedingt mit seinem Ex-Chef im Team arbeiten möchte.

    Das ist eine individuelle Situation - theoretisch gebe ich dir Recht, allerdings pflege ich einen sehr persönlichen Umgang mit meinen Leuten und sie wissen alle um meine Schwerpunkte und Pläne. Es wird eher so sein, dass bei einem Rollentausch mein Nachfolger in der Personalverantwortung sich sicherer fühlen würde, wenn er auf mich und meine Erfahrungen in Notfällen nochmal zurückgreifen könnte (also rein beratend).

  • 11.01.2018


    Zitat

    Feststellung, dass ich jetzt ja viel mehr Stress habe, obwohl ich ja Stress reduzieren will.

    Ja, irgendwie schon. Ich verbuche das unter "investieren". In der Hoffnung, dass ich die Früchte irgendwann ernten kann.

    Zitat

    Frage, ob meine Vorgesetzten trotz meiner Ankündigung überhaupt einen Finger rühren.

    Ich hatte das auch länger überlegt. Zwischen mir und dem Vorstand liegen noch zwei Vorgesetzte und sie müssen sich "relativ" einig werden. Schließlich bedeutet mein Zurückfahren auch erst einmal ein Problem für sie, vor allem für meinen unmittelbaren Vorgesetzten. Entweder muss dieser sich mit einer neuen Leitung meines Bereichs auseinandersetzen, oder er wird uns (als relativ erfolgreiches Team) abgeben müssen, wenn wir restrukturieren. Aber just heute wurden Inhalte "geleakt" die mein Chef mit dem Vorstand durchspricht, und daraus war ganz klar zu entnehmen, dass er meine Anregungen für eine neue Organisation tatsächlich beim Vorstand anbringt und auch positiv vertritt. Das finde ich schon mal sehr gut, denn das Thema ist schon mal platziert und ich weiß, dass ich auf ihn zählen kann.


    Mit dem Chef darüber habe ich nächste Woche einen Termin, da werde ich auch nochmal die konkreten Maßnahmen wie kurzfristigen Personalaufbau besprechen und ebenfalls nochmal für meine Idee einer Umstrukturierung werben. Ich bin auch in Kontakt mit Bereichen, die von einer Umstrukturierung ebenfalls betroffen wären, und finde da relativ viel Zustimmung. Wenn mein Chefchef den Gedanken auch noch verinnerlicht, ist der Zug am Rollen und dann kann ich nichts mehr tun und muss abwarten.


    Aber mit den heutigen Informationen bin ich schon mal weiter, als ich gestern noch dachte.

  • 19.03.2018


    Nach zwei Monaten mal wieder ein kleines Update. Es sind ja zwei Baustellen, die mich begleiten: zum Einen das Ziel, frühzeitig in den Ruhestand zu gehen. Zum Anderen die Abgabe von Teilverantwortungen, um meine restlichen aktiven Berufsjahre etwas zu entlasten.


    Ich muss sagen, dass ich dem verfrühten Ruhestand relativ gelassen entgegensehe. Mir wird zunehmend bewusst, in welch komfortabler Lage meine Frau und ich sind, dass wir uns finanziell hier behelfen können und auch ein paar Jahre vor dem frühstmöglichen Renteneintritt den Beruf sausen lassen können. Das aktuelle Flexi-Rentengesetz hilft auch dabei, Verluste auszugleichen, und da ich in wenigen Wochen 50 werde, werde ich auch von der Möglichkeit Gebrauch machen, hier Sonderzahlungen zu leisten. In der aktuellen Zinslage bringt mir Geld sowieso nichts, vererben müssen wir auch nichts. Regelmäßige Einkünfte sind uns viel mehr wert als irgendein Vermögen. Ich halte es sogar für möglich, dass wir vielleicht sogar noch 1-2 Jahre früher als geplant "aussteigen" können.


    Die vorgezogene Entlastung ist der deutlich stressigere Weg. Zusammen mit meinem Chef habe ich schon mit dem möglichen Nachfolger aus meinem Bereich gesprochen und dieser steht prinzipiell zur Verfügung. Ist allerdings aufgrund zeitlicher Planungen noch nicht soweit, dass er die Personalführung übernehmen könnte. Wir würden dann eine ausgedehnte Übergangszeit machen und ich würde dann nur noch einige Projektthemen übernehmen und er die Personalthemen und einige wenige fachliche Themen. Parallel finden zunehmend konkretere Gespräche mit anderen Bereichen statt, um diverse Möglichkeiten einer neuen Struktur unserer IT-Abteilungen und Arbeitsweisen zu diskutieren. Da versuche ich noch die angestrebte Neuorganisation mit Verstärkung und Zusammenlegung ähnlicher Bereiche unterzubringen. Das würde uns (und den anderen potenziellen Partnern) nochmal viel bringen und uns für die Zukunft gut aufstellen, was mir für meine Mitarbeiter ja wichtig wäre.


    Drückt mir mal die Daumen, dass mir dies in den nächsten Monaten noch gelingt, das wäre mir total wichtig, dass ich ein gut aufgestelltes Team hinterlasse.

  • 21.03.2018


    Zitat

    Ich beneide dich um die Möglichkeiten.

    Du würdest mich dafür nicht um meinen Arbeitsalltag beneiden. Das ist auch einer der Gründe, warum ich meinem Chef ein Limit gesetzt habe, zu dem ich mich aus manchen Verantwortungen zurückziehen werde. Entweder werde ich älter, oder das Umfeld immer stressiger (oder beides). Aber ich merke, dass ich das nicht so noch 10 Jahre weitermachen kann.


    Was den verfrühten Ruhestand angeht: ja, das ist eine sehr komfortable Situation. Wir hatten einfach unglaubliches Glück, dass wir diese Möglichkeiten haben. Von jungen Jahren an haben wir eine stabile Partnerschaft, nie Single-Haushalte gehabt o.ä. und immer an einem Strang gezogen, was die Zukunft angeht. Das ist so wahnsinnig selten, dass ich davor eine ungemeine Ehrfurcht habe. Dass wir beide dann noch ordentlich bezahlte Jobs haben, ist nur das Sahnehäubchen. Die Basis, dass wir uns das erlauben können, ist aber vor allem die Zuverlässigkeit unserer Beziehung, auf der wir mutige und langfristige Entscheidungen treffen konnten. Wir ernten das Ergebnis von 30 Jahren. Auch wenn es für eine "Endspurtstimmung" noch zu früh ist. 7-8 Jahre werden es wohl noch werden, bis wir uns den Ausstieg erlauben können. Aber das wäre immerhin noch vor 60.


    Zitat

    Ich drücke die Daumen!

    Das ist lieb, danke.


    Erst gestern hatte ich nochmal ein paar inoffizielle "Konsolidierungsgespräche" mit dem Leiter eines Bereichs, mit dem wir uns prima zusammentun könnten. Ganz abgeneigt ist er nicht, aber er ist bei seinen Chefs längst nicht so weit wie ich bei meinen Chefs. Da habe ich ein halbes Jahr Argumentationsvorsprung, während bei ihm noch alles etwas politisch schwierig ist. Aber insgesamt tut sich hier in dem IT-Bereich aktuell eine Menge, und diesen Schwung muss man nutzen und auf der richtigen Welle reiten.

  • 19.07.2018


    In Trippelschritten geht es vorwärts. Mit einigen Gleichgesinnten konnte ich ein paar Strategievorschläge entwerfen, durch die wir auch in den Dialog mit unserem Vorstand getreten sind. Einer dieser Punkte ist auch eine organisatorische Neuordnung unserer Bereiche. Dies konnte ich im Detail vorstellen und der Vorstand schien nicht prinzipiell abgeneigt. Da es nur ein kleiner Aspekt im Gesamtthema ist, besteht natürlich keine Garantie, dass eine Neustrukturierung in meinem Sinne zwingend betrachtet wird. Aber ich konnte alles "an den Mann bringen", jetzt muss ich abwarten, ob der Vorstand das Thema aufgreift.


    Parallel tut sich auch was für meinen finalen Tag X, an dem ich aus dem Erwerbsleben komplett aussteigen werde. Da ich mittlerweile 50 bin, falle ich unter das Flexirentengesetz. Durch eigene Einzahlungen darf ich damit mein Rentenkonto "aufpeppen", um Abzüge auszugleichen, wenn ich früher als mit 67 Rente beziehe (frühestens mit 63 möglich). Hierzu habe ich im Herbst einen Beratungstermin bei der Deutschen Rentenversicherung und werde noch dieses Jahr meine erste Sonderzahlung leisten. Diese Sonderzahlungen sind steuerlich als Vorsorgeaufwendungen absetzbar. Daher macht es durchaus Sinn, die Zahlungen aufzusplitten. Aber ich habe aktuell noch keine Vorstellung, wie sich Einzahlungen später in der Rente niederschlagen. Das muss ich mir mal ausrechnen lassen. Ich habe schon eine ziemlich genaue Vorstellung, was wir als Paar später für Einnahmen brauche. Und die müssen ja irgendwie zusammenkommen. Erspartes, sonstige Einnahmen, Rente. Das wird ein nettes Rechenspiel mit vielen Unbekannten. Aber am Schluss brauche ich einen Betrag, mit dem ich die Zeit bis zur Rentenzahlung überbrücken kann. Das wird dann mein Jahr, in dem ich in den Ruhestand gehen. Hoffentlich noch vor 60 - das wäre das Ziel.

  • 25.11.2018


    Noch eine letzte Rückmeldung für dieses Jahr. Zwischenzeitlich hatte ich meinen Termin bei der Rentenberatung, der mich sehr positiv stimmte. Ich kann für Eigenleistungen noch 2 Jahre die steuerliche Höchstsumme für Ehepaare allein ausreizen. Diese liegt für Altersvorsorge relativ hoch. Während in der Rentenversicherung zusätzliche Punkte mit dem eingezahlten Betrag erworben werden, bekommt man im Folgejahr von der Steuer ein nettes Sümmchen davon zurück. Auch die Rahmenbedingungen für die vorgezogene Rente passen auf unsere Situation super. Wir dürfen ohne Kürzungen der Rente durch selbständige Arbeit und Vermietung hinzuverdienen.


    Einem frühstmöglichen Rentenantrag steht somit nichts entgegen und ich werde wohl noch dieses Jahr meine erste freiwillige Renteneinzahlung leisten.


    Was die Zeit bis dahin im Job noch angeht, sind meine Gefühle eher gemischt. Mit den organisatorischen Änderungen bin ich leider aktuell wieder in einer Sackgasse. Dabei hatte es sich im Sommer noch so gut angefühlt, wie wir Veränderungen angehen. Allerdings werden aktuell mal wieder die Karten neu gemischt und es gibt neue Unbekannte. Mir läuft damit die Zeit etwas weg, meinen Bereich noch neu aufzustellen und mir sind die Hände gebunden. Ich muss jetzt schauen, wie sich unsere gesamte Unternehmens-IT entwickelt. Allerdings bin ich aufgrund dieser Sackgasse aktuell so ernüchtert, dass ich eher dazu tendiere, meine Verantwortungen in leitender Funktion früher abzugeben als geplant. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, werde ich vermutlich 2019 dann meinen Ausstieg aus der Bereichsleitung durchziehen. Denn wenn sich erst in einem Jahr oder so was tut, dann mache ich den Job doch noch bis zum Ende meiner Berufslaufbahn. Und genau das will ich ja nicht, sondern irgendwann auch mal etwas runterfahren.

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