Aktivismus - Wahn oder Sinn?

  • „Es ist nichts gewonnen, wenn ihr sterbt“
    Seit mehr als drei Wochen ist Klimaschutzaktivist Henning Jeschke im Hungerstreik. Nun besuchte ihn Grünen-Chef Habeck. Überzeugen konnte er Henning nicht.
    www.tagesspiegel.de

    Ich habe das bei Psychologie reingesetzt, weil ich nicht über das Klima diskutieren möchte, mich interessiert eher was für eine Persönlichkeit hinter solchen Menschen steckt.

    Was für mich persönlich immer schon irritierend war bei Menschen die einen Hungerstreik machen (außer es geht jetzt um lebensbedrohliche Sachen, wie Folter oder so), für wie wichtig diese Menschen sich halten. Sie scheinen mit viel Vertrauen in die Menschheit aufgewachsen zu sein, unter dem Motto ich bekomme schon was ich möchte, wenn ich hungere.

    Aber so läuft die Welt nicht, niemals hätte ich in dem Alter gedacht, es ändert jemand irgendetwas in der Politik, weil ich nichts esse, es hat schon auch etwas narzisstisches zu denken man ist so wichtig.

    Nun geht es ja um eine gute Sache, sie stellen ihre Gesundheit über das Gemeinwohl, aber verändern sie denn wirklich etwas?

    Ich finde es gut das Habeck mit den Leuten redet. Aber:

    Man komme da nicht mehr weiter, sagte er, appellierte aber nochmals an die Aktivisten, den Hungerstreik zu beenden. „Macht es nicht“, sagte Habeck. „Ihr seid zu Ikonen geworden.“

    Zu "Ikonen", ich habe extra nochmal gegoogelt, sie sind also zu Kult- und Heiligenbildern geworden?



  • Das finde ich auch interessant. Zumal ich das erste Mal davon höre (was auch gegen die Ikonen-Aussage spricht).


    Allerdings geht FFF und Greta ja in die gleiche Richtung, nur waren die Maßnahmen nicht lebensbedrohlich.

  • lilalu , im Großen und Ganzen sehe ich es ähnlich wie du. Ich fange mal mit dem Schluss deines Beitrags an. Habeck ist eigentlich ein vernünftiger Mensch, aber wenn er das mit den "Ikonen" gesagt hat, war das ein schlimmer Fehler, weil er indirekt die Hungerstreikenden darin bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein. Gut, kann auch einem Habeck passieren.


    Zu dieser Frage

    mich interessiert eher was für eine Persönlichkeit hinter solchen Menschen steckt.

    glaube ich, dass es in der Hauptsache eine pathologische Ideologie ist. Nahezu vergleichbar mit Selbstmordattentätern. Vergleichbar insofern, dass sie bereit sind, ihr eigenes Leben zu opfern um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, obwohl sie wissen müssten, dass das nicht klappt, wenn sie ihren Verstand benutzen würden. In diesem Fall wird aber leider der Verstand von der Ideologie blockiert, irgendwie.

    Stell dir vor, du bist so gegen Krieg, dass du dich vor allem dafür einsetzt, dass derjenige gewinnt, der ihn begonnen hat.

  • Ikone hat noch weitere Bedeutungen, die durchaus im Kontext passen würden:


    Person oder Sache als Verkörperung bestimmter Werte, Vorstellungen, eines bestimmten Lebensgefühls o. Ä.

  • Ikone hat noch weitere Bedeutungen, die durchaus im Kontext passen würden.

    Zitat

    1. Kultbild der orthodoxen Kirche mit der Darstellung heiliger Personen oder ihrer Geschichte

    2. Person oder Sache als Verkörperung bestimmter Werte, Vorstellungen, eines bestimmten Lebensgefühls

    https://www.duden.de/rechtschreibung/Ikone

    Welche Bedeutung ist für dich im Kontext passend? Für mich wäre es (2), aber genau deswegen halte ich die Äußerung von Habeck für fragwürdig.

    Stell dir vor, du bist so gegen Krieg, dass du dich vor allem dafür einsetzt, dass derjenige gewinnt, der ihn begonnen hat.

  • Und ich empfinde es auch nicht als fragwürdig.

    Du findest nicht, dass diese "Beweihräucherung" (es ist schließlich eine Form der Erhöhung dieser Person und sicher auch so gewollt von Habeck) den Menschen anspornt, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzumachen?

    Stell dir vor, du bist so gegen Krieg, dass du dich vor allem dafür einsetzt, dass derjenige gewinnt, der ihn begonnen hat.

  • Du, Timba, ich bin überhaupt nicht verpflichtet, dazu eine Meinung zu haben, und wenn ich eine habe, bin ich nicht verpflichtet, sie mit dir zu teilen, und darüber hinaus diskutiere ich mit dir nicht gerne, weil es dir nie um die Sache geht, sondern du dich immer an einzelnen Sätzen oder Teilsätzen aufhängst, diese völlig aus dem Kontext reißt, nicht auf Argumente eingehst, wenn sie dir nicht passen und sie vor allen Dingen auch nicht widerlegen kannst, sondern Behauptungen aufstellst, die Du Dich dann weigerst, mit irgendwas zu belegen, und alles daran setzt, die mit dir Diskutierenden zu veralbern oder als beschränkt, naiv oder sonstwas darzustellen. Dazu ist mir das Thema zu wichtig und meine Zeit zu schade.

  • Ich bin zwiegespalten. Auf der einen Seite kann ich es nachvollziehen, dass sich jemand fragt "was für extreme Sachen muss ich tun, damit ich endlich gehört werde? Wie soll ich sonst meine Verzweiflung ausdrücken?" aber auf der anderen Seite haben die halt kein Verständnis dafür, warum die Prozesse so sind wie sie sind und auch kein Interesse sich dieses Verständnis zu erarbeiten.


    Ich hab da wenig Mitleid, finde es aber schade, dass da jemand, der ja grundsätzlich für ne gute Sache arbeitet, ggf. sein Leben so wegwirft oder dauerhaft einschränkt.

  • Wer mit einem potentiell selbstzerstörerischen Mittel wie dem Hungerstreik auf ein überaus wichtiges, politisches, enorm zukunftsentscheidendes Thema und Ziel aufmerksam macht, das zudem immer noch sträflich vernachlässigt wird, hat meinen höchsten Respekt. Das hat überhaupt überhaupt gar nichts mit ikonischer Überhöhung zu tun!


    Es mit terroristischen Aktionen zu vergleichen, die ja auch und vor allem andere Menschen gefährden, empfinde ich als unpassend, ja, diffamierend. (Ich möchte die Diffamierungsabsicht hier niemandem unterstellen, eine solche Aussage kann auch mal unbedachtsam geschehen.

  • Wenn ich mich in die Psychologie begeben würde, um das Verhalten zu begründen,

    kann ich nur von einer bestimmten Werteeinstellung sprechen, die über Leichen geht,

    auch wenn es sich dabei um sich selbst handelt.


    Noch Extremere nehmen anderen das Leben und sich evtl. danach ihr eigenes Leben.


    Dahinter steckt mMn eine äusserst zerstörerische Wut, weil sie nicht das bekommen, was sie haben

    wollen. Alles was nicht schnell genug geht oder ihren genauen Vorstellungen, Werten entspricht,

    gehört bestraft, zerstört, wie auch immer.


    Als Laie spreche ich mal von suizidem Verhalten.

    Manche gehen still, andere wollen anderen noch zeigen, wie blöd, faul, behäbig sie sind,

    Schuldgefühle einimpfen. Und die, die diese Menschen lieben, haben diese auch und gehen mit zu Grunde, psychisch.


    Sorry, aber das ist meine Meinung. Und je mehr Aufmerksamkeit sie öffentlich bekommen,

    umso schlimmer u. U. für diese Menschen, weil sich dann - jetzt ziehe ich es durch bis zum bitteren Ende -

    einschleichen, festsetzen könnte.

  • Ob diese Menschen sich nicht darüber in Klaren sind, was ein Hungerstreik für den Körper bedeutet? Längerer Verzicht auf Nahrung führt zu Störungen im Elektrolythaushalt, es kommt zu Ödemen und gefährlichen Herzrythmusstörungen. Die Ärzte bekommen noch mehr Arbeit. Wenn ein Hungerstreik in einen Durststreik übergeht und auch noch auf Flüssigkeit verzichtet wird, führt das in kurzer Zeit zum Exitus. Ob das diesen Menschen, durch irgendeinen Fanatismus egal ist und diese nicht mehr logisch denken?

  • Ikone hat noch weitere Bedeutungen, die durchaus im Kontext passen würden.

    Zitat

    1. Kultbild der orthodoxen Kirche mit der Darstellung heiliger Personen oder ihrer Geschichte

    2. Person oder Sache als Verkörperung bestimmter Werte, Vorstellungen, eines bestimmten Lebensgefühls

    https://www.duden.de/rechtschreibung/Ikone

    Welche Bedeutung ist für dich im Kontext passend? Für mich wäre es (2), aber genau deswegen halte ich die Äußerung von Habeck für fragwürdig.

    die 2. passt. Nicht zu den Werten des Klimaschutzes, sondern zum Lebensgefühl des verzweifelten Klimaaktivisten.

  • lilalu , im Großen und Ganzen sehe ich es ähnlich wie du. Ich fange mal mit dem Schluss deines Beitrags an. Habeck ist eigentlich ein vernünftiger Mensch, aber wenn er das mit den "Ikonen" gesagt hat, war das ein schlimmer Fehler, weil er indirekt die Hungerstreikenden darin bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein. Gut, kann auch einem Habeck passieren.


    Zu dieser Frage

    mich interessiert eher was für eine Persönlichkeit hinter solchen Menschen steckt.

    glaube ich, dass es in der Hauptsache eine pathologische Ideologie ist. Nahezu vergleichbar mit Selbstmordattentätern. Vergleichbar insofern, dass sie bereit sind, ihr eigenes Leben zu opfern um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, obwohl sie wissen müssten, dass das nicht klappt, wenn sie ihren Verstand benutzen würden. In diesem Fall wird aber leider der Verstand von der Ideologie blockiert, irgendwie.

    Pathologische Idiologie scheint mir hier auch am Passensten 👍

  • Ich glaube, das funktioniert heute nicht mehr. In der monodirektionalen Berichterstattung der 70er hat es vielleicht noch funktioniert, da man nicht ausweichen und sich außer in Leserbriefen, Demos o.ä. nicht äußern konnte. Ich denke da z.B. an die RAF in Stammheim.


    Heute muss sich dem niemand aussetzen, wenn er das nicht will. Man taucht in seine Filter-Blase ab und hat immer genug gleichgesinnte Resonanz, wofür auch immer. Außer FFF kenne ich keine Bewegung für Ziele, die hinter dem eigenen Lebenshorizont liegen. Schon oft zitiert der Slogan der Postbank:


    "Unterm Strich zähl ich."

    Die Grundlage ist die Basis von ALLEM.

  • ch glaube, das funktioniert heute nicht mehr. In der monodirektionalen Berichterstattung der 70er hat es vielleicht noch funktioniert, da man nicht ausweichen und sich außer in Leserbriefen, Demos o.ä. nicht äußern konnte. Ich denke da z.B. an die RAF in Stammheim.

    Den Gedanken an die RAF hatte ich auch.

    Und merkwürdiger Weise hatte ich mir gestern, durch die erneute FFF Bewegung, schon so einige Gedanken gemacht.

    Nach eigenem Empfinden empfinde ich das Auftreten radikaler als vor der C Zeit. :woozy_face:


    Denke aber es funktioniert heute besser denn je, eben weil durch die Medien mehr Menschen

    erreicht werden als jemals zuvor.

  • Es mit terroristischen Aktionen zu vergleichen, die ja auch und vor allem andere Menschen gefährden, empfinde ich als unpassend, ja, diffamierend. (Ich möchte die Diffamierungsabsicht hier niemandem unterstellen, eine solche Aussage kann auch mal unbedachtsam geschehen.

    Ich hatte extra den einen Punkt herausgestellt, der vergleichbar ist. Dass die Aktionen insgesamt nicht vergleichbar sind, dürfte klar sein.

    Stell dir vor, du bist so gegen Krieg, dass du dich vor allem dafür einsetzt, dass derjenige gewinnt, der ihn begonnen hat.

  • Wenn ich mich in die Psychologie begeben würde, um das Verhalten zu begründen,

    kann ich nur von einer bestimmten Werteeinstellung sprechen, die über Leichen geht,

    auch wenn es sich dabei um sich selbst handelt.

    Idealismus ist bei den jungen Leuten in der Regel höher vertreten als im Alter, wenn man sich schon an diversen Widerständen den Realitätssinn zurechtgeschliffen hat.


    Ich bin mir sicher, dass die wenigsten dieser Hungerstreikenden beim Start des Vorhabens wirklich bereit waren, mit 20 zu sterben, wenn sich kein Kanzlerkandidat auf den Stuhl setzt. Insofern geht es erst einmal um mediale Aufmerksamkeit und ein moralisches Druckmittel ("Du lässt uns lieber sterben als mit uns zu reden.").


    Aber so ein Prozess bekommt eine Eigendynamik, den sie mangels Lebenserfahrung nicht abschätzen können. Man will das ja nicht umsonst gemacht haben, wenn niemand aufkreuzt. Außerdem steht man unter großer Beobachtung, und die gewünschte mediale Aufmerksamkeit erzeugt irgendwann nicht nur auf die Kanzlerkandidaten Druck, sondern auf die Hungerstreikenden selbst. Unter diesem Druck und in einem geschwächten Zustand gehen sie möglicherweise aus Trotz über Grenzen, die sie eigentlich gar nicht überschreiten wollten.

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