Austauschfaden für pflegende Angehörige

  • Ganz ehrlich, es gibt bei Demenzkranken schlimmere Baustellen als mangelnde Körperpflege.

    -Grundbedürfnis

    -Würde

    Das ist das Problem. Ist es würdevoll dem betroffenen Menschen seinen Willen zu lassen und zu akzeptieren, wenn er Maßnahmen zur Körperhygiene ablehnt? Oder ist es würdevoll seine Körperhygiene zu erhalten und dabei gegen seinen Willen zu agieren?


    Es ist nicht leicht!

  • Ich glaube, ich wäre für so etwas zu pragmatisch veranlagt.

    Wenn mir die verwandte Person die ich zu pflegen hätte mehrfach morgens sagen würde, sie möchte noch liegen bleiben würde ich den Pflegedienst später kommen lassen. Es kann ja auch sein, dass die Person Nachts einfach zu wenig schläft und nach wenigen Stunden zum Aufstehen genötigt wird, weil der Pflegedienst dann auf der Matte steht.

    Emma Piel🤱 saß am Nil 🏞️, aß Eis am Stiel 🍭, da kam das Krokodil 🐊, fraß Emma Piel🤱.

  • Ich glaube, ich wäre für so etwas zu pragmatisch veranlagt.

    Wenn mir die verwandte Person die ich zu pflegen hätte mehrfach morgens sagen würde, sie möchte noch liegen bleiben würde ich den Pflegedienst später kommen lassen. Es kann ja auch sein, dass die Person Nachts einfach zu wenig schläft und nach wenigen Stunden zum Aufstehen genötigt wird, weil der Pflegedienst dann auf der Matte steht.

    Ist halt immer eine Frage der Möglichkeiten. Andere Menschen und generell das Leben fügen sich ja einfach nicht immer dem, was man selbst naheliegend und praktisch fände.

  • so ist es , deshalb war /ist die Hauskrankenpflege in manchen Fällen , wie bei bei uns, als Entlastung nicht möglich, klingt immer so schön, nimm einfach die Hilfsangebote an . Erstens ist es finanziell schwierig und zweitens auch zeitlich .

    Meine Eltern sind immer, ihr ganzes Leben um spätestens 6.00 Uhr aufgestanden , wie soll ich jetzt einem dementen Menschen beibringen , dass sie erst am frühen Nachmittag gewaschen wird , dazu kam noch die Inkontinenz - es waren damals regelmäßige WC- Gänge notwendig, frische Hose anziehen , zwischendurch zu Trinken geben , das alles kann eine Hauskrankenpflege nicht leisten . Ein Besuch- mehr nicht , aber keine Entlastung - abgesehen von Gesprächen mit einer tollen Krankenschwester - deshalb hab ich es einige Zeit angenommen . Nachdem sie die Stelle wechselte ,gab es die Gespräche auch nicht mehr .

    Es ist streng geregelt , welcher Dienst (MOHI, Hauskrankenpflege usw) welche Leistung anbieten darf mit Zeitlimit- da ist nicht viel Flexibilität möglich und genau das würde ein dementer Mensche brauchen. Ich kann als pflegende Angehörige darauf eingehen,es immer wieder versuchen , gute Momente abwarten . Funktioniert meistens prima , nur dieses "JETZT muss das sein" ist ganz schwierig und fördert die Abwehrhaltung, kann ich gut verstehen.

  • Es ist streng geregelt , welcher Dienst (MOHI, Hauskrankenpflege usw) welche Leistung anbieten darf mit Zeitlimit- da ist nicht viel Flexibilität möglich und genau das würde ein dementer Mensche brauchen.

    So ist es. Vielleicht gibt es in Städten und Ballungsräumen ein bisschen mehr Spielraum bei Terminoptionen, weil es verschiedene Anbieter gibt. Bei uns am Land sind die Besuche der mobilen Pflegedienste genau getaktet bzw. müssen genau getaktet sein.


    Eine 24h-Pflegekraft hätte da mehr Zeit und Flexibilität um besser auf die betreute Person einzugehen. 24h-Pflege ist auch möglich, wenn auch noch ein Partner ohne Betreuungsbedarf im selben Haushalt lebt. Vielleicht wäre das eine Option für euch, Sammy ? Damit werden sich voraussichtlich auch nicht alle Probleme in Luft auflösen oder sogar ganz andere auftauchen, aber die Betreuung ist definitiv besser auf individuelle Bedürfnisse und krankheitsspezifische Eigenheiten abgestimmt und kann auch den Partner etwas entlasten.

  • Zitat
    Zitat von Nadine75
    Zitat
    Zitat von Plüschbiest Ganz ehrlich, es gibt bei Demenzkranken schlimmere Baustellen als mangelnde Körperpflege.
    -Grundbedürfnis
    -Würde


    Das ist das Problem. Ist es würdevoll dem betroffenen Menschen seinen Willen zu lassen und zu akzeptieren, wenn er Maßnahmen zur Körperhygiene ablehnt? Oder ist es würdevoll seine Körperhygiene zu erhalten und dabei gegen seinen Willen zu agieren?


    Genau das trifft es nämlich auf den Punkt:

    Wir reden hier nicht davon, sich die Zähne mal nicht zu putzen oder sich mal etwas schluderig zu waschen. Die Frau kotet sich auch nachts manchmal ein, zieht sich die Pants aus, legt sich so dann wieder ins Bett........( weitere Details erspare ich uns).

    Damit erübrigt sich eigentlich auch schon, den PD alle 2 Tage kommen zu lassen.


    Und so ein Pflegedienst hat Zeitpläne und die geben dann gegebenenfalls eine Aufstehzeit vor.

    Der Zeitpunkt ist schon recht spät angesetzt und die Zeit großzügig bemessen.

    Es ist nicht leicht!

    So ist es :disappointed_face: . Solange der Ehemann da noch das letzte Wort hat, sind den Kindern auch die Hände gebunden. Herrscht auch eben immer noch das alte Denkmuster " Ich schaff das noch, bis dass der Tod uns scheidet".

    Eine 24h-Pflegekraft hätte da mehr Zeit und Flexibilität um besser auf die betreute Person einzugehen.

    Möchte er selbst nicht und sagt dann auch immer " das macht sie nicht mit" :face_with_raised_eyebrow: .

    Schon der Zeitraum, wenn die Reinigungskraft da ist, ist mit - ich nenne es mal Anspannung- verbunden ( " da ist jemand im Haus und wir können nicht so, wie wir wollten").

  • Meine verstorbene Mutter hatte eine 24 Stunden Kraft aus Polen. Wir waren mit der Dame mehr als zufrieden. Meine Mutter war allerdings nicht pflegebedürftig, bis ca. 4 Wochen vor ihrem Tod. In dieser Zeit habe ich die Pflege und medizinische Betreuung selber übernommen und auch dort geschlafen. Die Dame kam zu meiner Mutter, weil sie nicht mehr allein bleiben wollte. Die Kosten sind nicht ohne. Meine Mutter hatte keine hohe Rente und Pflegegrad 1. Da kann man sich ausrechnen, was ich aus eigener Tasche gezahlt habe. Für meine Mama habe ich das aber gerne getan.

  • Auch wenn das etwas entfernt ist vom eigentlichen Thema: Im Laufe der Pandemie äußerte sich in einem Fernsehbeitrag ein Arzt, der eine Patientin beatmen ließ - gegen ihren ausdrücklichen Willen. "Soll sie uns halt anzeigen."

    Ist ein Demenzkranker zu diesem Schritt überhaupt noch in der Lage?

    Müssten da nicht die Angehörigen ein Auge drauf haben, weil sie dazu noch in der Lage sind?

    Können die Angehörigen da überhaupt ein Auge drauf haben, wenn sie emotional involviert sind?

    Kann es sein, dass man einem Menschen nicht "nur" seinen Willen, sondern auch seine Rechte abspricht? (Wozu die Würde des Menschen auch gehört.)

    Würde man sich bei einem Menschen, der noch Herr seiner Sinne ist und keine Körperhygiene betreibt, überhaupt Gedanken machen?

    Ist es legitim sich über einen anderen Menschen zu erheben/ihn zu bevormunden, weil der Hilfe benötigt? Fängt damit an, dass sich derjenige zeitlich nach dem Pflegedienst richten muss.

    Und vielleicht am wichtigsten: Was wäre, wenn ich der hilfsbedürftige Mensch bin?

  • Ist halt immer eine Frage der Möglichkeiten. Andere Menschen und generell das Leben fügen sich ja einfach nicht immer dem, was man selbst naheliegend und praktisch fände.

    Bis man selber in der Situation ist und andere über den eigenen Kopf hinweg Entscheidungen treffen.

    Und das nicht nur einmal, sondern jeden Tag aufs Neue.

    Stelle ich mir extrem schwierig vor, wenn man jahrzehntelang unabhängig gewesen ist.

  • Müssten da nicht die Angehörigen ein Auge drauf haben, weil sie dazu noch in der Lage sind?

    Nur weil man verwandt ist, ist man nicht automatisch verantwortlich.


    Und für alles andere, was Du an Fragen aufwirfst: deswegen ist es so geregelt, dass man das in Deutschland eben nicht einfach für einen anderen Menschen entscheiden kann, sondern man braucht entsprechende Beschlüsse eines Gerichts, für welche Bereiche welche Person für einen anderen Menschen gegen seinen Willen entscheiden kann. Das ist ja Sunflowers Problem, dass das Gericht entsprechende Anträge für ihre Eltern bisher abgelehnt hat. Deswegen eben sehenden Auges verwahrlosen lassen, bis der Punkt erreicht ist. Ist ziemlich beschissen, aber in einem freien Land ist man bis zu einem gewissen Grad halt auch frei, sich verwahrlosen zu lassen.

  • Kann es sein, dass man einem Menschen nicht "nur" seinen Willen, sondern auch seine Rechte abspricht? (Wozu die Würde des Menschen auch gehört.)

    Würde man sich bei einem Menschen, der noch Herr seiner Sinne ist und keine Körperhygiene betreibt, überhaupt Gedanken machen?

    Ist es legitim sich über einen anderen Menschen zu erheben/ihn zu bevormunden, weil der Hilfe benötigt?

    Da dss Fragen sind, denen ich immer wieder begegne, habew wir als Jinder mit unseren Eltern und wir als Eltern mit unseren Kindern darüber gesprochen und uns gegenseitig versichert, dass wenn wir dement und alles was dazu gehören kann, z. B. auch einstuhlen und damit spielen, dass das dann der Demenz geschuldet und auf keinen Fall in unserem Sinn ist und dass dann die Angehörigen entsprechende Schritte einleiten dürfen.

    Das ist ein Teil unserer Verfügung

    Also ich möchte neben dem Recht auf eine gewisse Verwahrlosung auch die Verpflichtung meiner Angehörigen haben, dass sie ein zuviel davon nicht tolerieren

  • Müssten da nicht die Angehörigen ein Auge drauf haben, weil sie dazu noch in der Lage sind?

    Nur weil man verwandt ist, ist man nicht automatisch verantwortlich.


    Und für alles andere, was Du an Fragen aufwirfst: deswegen ist es so geregelt, dass man das in Deutschland eben nicht einfach für einen anderen Menschen entscheiden kann, sondern man braucht entsprechende Beschlüsse eines Gerichts, für welche Bereiche welche Person für einen anderen Menschen gegen seinen Willen entscheiden kann. Das ist ja Sunflowers Problem, dass das Gericht entsprechende Anträge für ihre Eltern bisher abgelehnt hat. Deswegen eben sehenden Auges verwahrlosen lassen, bis der Punkt erreicht ist. Ist ziemlich beschissen, aber in einem freien Land ist man bis zu einem gewissen Grad halt auch frei, sich verwahrlosen zu lassen.

    Mir ging es bei den Angehörigen eher darum aus emotionaler Verbundenheit ein Auge drauf zu haben. Das die nicht automatisch verantwortlich sind, ist mir bewusst.


    Dass das gesetzlich geregelt ist, weiß ich auch. Die Frage ist halt, wer das durchsetzt. Offenbar gibt es Menschen, die ohne gerichtlichen Beschluss gegen den Willen eines Menschen handeln.

    Offenbar gibt es Menschen, die ohne gerichtlichen Beschluss gegen den Willen eines Menschen handeln.

    Musstest du dich mal längere Zeit um einen dementen Angehörigen kümmern, während du ganz bewusst was ganz anderes gelernt hast? Da können die Grenzen zwischen Selbsthilfe und Gewalt ziemlich verschwimmen.

    Da dss Fragen sind, denen ich immer wieder begegne, habew wir als Jinder mit unseren Eltern und wir als Eltern mit unseren Kindern darüber gesprochen und uns gegenseitig versichert, dass wenn wir dement und alles was dazu gehören kann, z. B. auch einstuhlen und damit spielen, dass das dann der Demenz geschuldet und auf keinen Fall in unserem Sinn ist und dass dann die Angehörigen entsprechende Schritte einleiten dürfen.

    Das ist ein Teil unserer Verfügung

    Das finde ich sehr interessant. Habt ihr das in den Patientenverfügungen untergebracht?

    Wie soll das dann in der Umsetzung aussehen? Jemand (ein Arzt?) muss ja bestätigen, dass der Fall eingetreten ist, also der Betreffende dement ist. Und da wäre man dann genau bei dem Problem, dass offizielle Stellen sowas in der Praxis nicht mal bestätigen, wenn die Leute regelmäßig nackt auf die Straße laufen.

  • Die Demenz meiner Mutter begann ca. ein Jahr vor ihrem Tod. Sie litt nicht unter schweren Krankheiten und verstarb an Kachexie. Es war nicht immer einfach, aber mit Liebe und Geduld haben wir das geschafft. Es gab immer lichte Momente, die für vieles entschädigten. Ich habe keine Familie mehr, daher stellt sich die Frage einer eventuellen Pflege bei mir nicht mehr. Meinen Mann und meine Eltern habe ich bis zum letzten Atemzug zu Hause medizinisch versorgt und gepflegt. Die Betreuung meiner Mutter war trotz Demenz sehr einfach, in Relation auf meinen Mann. Mein Mann war der schlimmste Fall, den ich in meiner Berufstätigkeit erlebt habe. Bei ihm versagte sogar Morphin und Lorazepam sublingual. In den letzten Tagen mußte ich ihn mit Dormicum sedieren, damit er ohne Symptomatik in Ruhe versterben konnte. Meine PV habe ich schon vor 30 Jahren erstellt. Vor allem möchte ich, falls eine eventuelle Erkrankung, nicht mehr kurativ therapierbar ist, keine Reanimation, keine enterale Ernährung über eine PEG, keine parenterale Ernährung über einen Portkatheder etc. Ich wünsche mir aber eine Linderung jeglicher Symptomatik, mittels der richtigen Medikation.

  • Die Demenz meiner Mutter begann ca. ein Jahr vor ihrem Tod. Sie litt nicht unter schweren Krankheiten und verstarb an Kachexie. Es war nicht immer einfach, aber mit Liebe und Geduld haben wir das geschafft. Es gab immer lichte Momente, die für vieles entschädigten. Ich habe keine Familie mehr, daher stellt sich die Frage einer eventuellen Pflege bei mir nicht mehr. Meinen Mann und meine Eltern habe ich bis zum letzten Atemzug zu Hause medizinisch versorgt und gepflegt. Die Betreuung meiner Mutter war trotz Demenz sehr einfach, in Relation auf meinen Mann. Mein Mann war der schlimmste Fall, den ich in meiner Berufstätigkeit erlebt habe. Bei ihm versagte sogar Morphin und Lorazepam sublingual. In den letzten Tagen mußte ich ihn mit Dormicum sedieren, damit er ohne Symptomatik in Ruhe versterben konnte. Meine PV habe ich schon vor 30 Jahren erstellt. Vor allem möchte ich, falls eine eventuelle Erkrankung, nicht mehr kurativ therapierbar ist, keine Reanimation, keine enterale Ernährung über eine PEG, keine parenterale Ernährung über einen Portkatheder etc. Ich wünsche mir aber eine Linderung jeglicher Symptomatik, mittels der richtigen Medikation.

    Nachtrag! Es geht ja um Demenz. Falls ich dement werde und eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist, entscheidet meine beste Freundin. Ich habe ihr eine notarielle Vollmacht gegeben, wo wir lange drüber gesprochen haben. Sie ist wesentlich jünger als ich und FA für Innere Medizin. Sie wird schon die richtige Entscheidung treffen.

  • Musstest du dich mal längere Zeit um einen dementen Angehörigen kümmern, während du ganz bewusst was ganz anderes gelernt hast? Da können die Grenzen zwischen Selbsthilfe und Gewalt ziemlich verschwimmen.

    Ich hab den Beruf gelernt und bin öfters an meine Grenzen gestossen und einmal sogar über die Grenze gegangen- hab sie geschüttelt und an den Haaren gezogen, sie hat es wieder vergessen- ich nicht , das war ganz schrecklich und ich hab mich wie der letzte Mensch gefühlt. Das war ein Schuß vor den Bug . Jetzt kenne ich das Alarmsignal , gehe raus , atme durch - damals hab ich es nicht erkannt . Ich hab heute noch daran zu nagen, wenn es mir in den Sinn kommt , bewundere jeden , der immer Geduld hatte und seine Angehörigen ständig mit Liebe und Güte bis zum letzen Atemzug pflegt , pflegte .Ich kann das nicht mehr von mir behaupten . So gut wie es mir möglich ist , immer wieder auch mit Humor , Zuneigung , Wärme aber es gibt auch Momente der Ungeduld, des Genervtseins bei mir und ja - einmal auch mit Gewalt . Ich schäme mich dafür , aber ich möchte da ehrlich sein, zu mir und zu anderen, denn nur so kann ich darauf achten, dass es mir hoffentlich nicht wieder passiert.

  • Ich hab heute noch daran zu nagen, wenn es mir in den Sinn kommt , bewundere jeden , der immer Geduld hatte und seine Angehörigen ständig mit Liebe und Güte bis zum letzen Atemzug pflegt , pflegte .Ich kann das nicht mehr von mir behaupten . So gut wie es mir möglich ist , immer wieder auch mit Humor , Zuneigung , Wärme aber es gibt auch Momente der Ungeduld, des Genervtseins bei mir und ja - einmal auch mit Gewalt . Ich schäme mich dafür , aber ich möchte da ehrlich sein, zu mir und zu anderen, denn nur so kann ich darauf achten, dass es mir hoffentlich nicht wieder passiert.

    Ich glaube immer und an jedem Tag in jeder Situation endlos geduldig, freundlich und zugewandt zu sein, wäre ein unrealistisches Ideal, das gar nicht menschenmöglich ist. In meiner Vorstellung sind professionelle Berufspflegekräfte chronisch überlastet, also kein Wunder, dass man da nicht immer die Nerven und Geduld hat. Privat wiederum sind ganz andere persönliche Emotionen im Spiel. Also ebenso kein Wunder, wenn man da nicht immer gelassen bleiben kann.


    Bis vor kurzem habe ich rund ein Jahr bei meinem Vater gelebt bei nicht übermäßig starkem Pflegebedarf im Vergleich zu anderen pflegebedürftigen Menschen. Ich habe das Glück sehr positiv auf diese Zeit zurückschauen zu können, weil es zwar oft anstrengend war, aber erst in den letzten Monaten belastend und stressig wurde.

    Trotzdem gab es auch den ein oder anderen unrühmlichen Moment, der mir rückblickend betrachtet leid tut und der besser hätte laufen können. Draus lernen: ja. Mir lange Vorwürfe machen: eher nein. Ich denke, mein Vater wird mit mir als Kind sicherlich auch das ein oder andere Mal ungeduldig oder genervt umgegangen sein. Nicht, dass ich es als Abrechnung im Sinne von Zahn um Zahn sehe, aber genauso wenig wie ich es ihm krumm nehme, dass er sicher auch mal die Nerven mit mir verloren hat und es nicht optimal lief, wird er es mir hoffentlich nicht krumm nehmen. Er ist ein Mensch, ich bin ein Mensch. Größeren Belastungen und schwerwiegenderem Pflegebedarf wäre ich aber auch sicher nicht gewachsen gewesen bzw. bin es nicht, daher bei uns auch der Umstieg auf 24h-Pflegekraft.

    Kann es sein, dass man einem Menschen nicht "nur" seinen Willen, sondern auch seine Rechte abspricht? (Wozu die Würde des Menschen auch gehört.)

    Offenbar gibt es Menschen, die ohne gerichtlichen Beschluss gegen den Willen eines Menschen handeln.

    Schwieriges Thema. Wie schon geschrieben wurde, sind Recht und Wille ja zwei Paar Schuhe.


    Selbst wenn ein Demenzkranker einen gesetzlichen Betreuer und Vormund hat, der formal entscheiden kann, dass er einmal täglich gewaschen werden muss, bleibt erstens der Wille der pflegebedürftigen Person und zum anderen die Frage, was man tun kann/soll/darf, wenn sie Pflegeleistungen nicht zulässt?

    Gewalt ist selbstverständlich keine Option. Fixierung/Sedierung ist rechtlich doch nur möglich, wenn es eine Frage von Selbst- oder Fremdgefährdung ist, oder? Ähnlich auch bei psychisch kranken Menschen. Korrigiert mich, wenn ich unrecht habe!


    Ich glaube, dass da vieles in Grauzonen gemacht wird. Bei meinem Vater sind die Nächte sehr schwierig. Tagsüber ist es auch oft anstrengend mit ihm, aber da ist er 90% der Zeit zuckersüß und die 10% mit schlechter Laune und Missstimmung kann man aushalten. Nachts sind seine Orientierungslosigkeit und Verwirrung so groß, dass er stundenlang schreiend und brüllend durch's Haus stolpert. Schlimm für ihn, schlimm für die Person, die ihn betreut. Mit dem Hausarzt wurde überlegt und abgesprochen, dass er ein Medikament zum Schlafen bekommt. Wir haben ihn nicht gefragt, da seine eingebrannte Standard-Reaktion ein bescheidenes "Nicht notwendig, brauch ich nicht, tut euch nichts an wegen mir!" ist. Er hätte es also abgelehnt ohne recht verstehen zu können, worum es geht und dass es ihm hilft. Rechtlich ist es in unserem Fall okay. Moralisch kann man es so oder so sehen. Ich habe die Ansicht, dass es ihm, seinem Blutdruck und seinem Umfeld besser geht, wenn er ruhige Abende und Nächte hat. Aber man kann sicher auch anders argumentieren.

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