Austauschfaden für pflegende Angehörige

  • Ich habe mal eine Frage an Euch bezüglich Pflegedienst in Verbindung mit Demenzkranken:

    Ehepaar lebt noch im Eigenheim, die Frau ist dement und der Pflegedienst kommt jeden Morgen zum Waschen. Das war von Anfang an ein Problem, wird aber zunehmend schlimmer ( "kann ich alles noch", "will ich nicht", "geht weg und lasst mich in Ruhe", "ich will liegen bleiben" .......usw.). Türen schlagen und aggressives Verhalten sind fast an der Tagesordnung und wenn sie dann im Bad ist, darf der Pflegedienst eigentlich immer nur vor der Tür stehen bleiben und das ganze "begleiten"...... Oftmals müssen sie unverrichteter Dinge wieder fahren- aufgeschrieben wird meistens eine Stunde.

    Was darf man vom Pflegedienst erwarten? Nur gutes Zureden oder auch mal etwas energischer werden? Man hat immer das Gefühl, dass das Personal hilflos und überfordert ist.

    Der Ehemann möchte sie auf keinen Fall ins Heim geben, obwohl die Nerven oft blank liegen.

    Ehrlich gesagt ich würde da nicht zuviel vom Pflegedienst erwarten. Mein Schwiegervater ist auch an Demenz erkrankt. Oft fuhr der Pflegedienst ohne Körperpflege weil er nicht wollte.

    Inzwischen ist er im Heim und das war der einzige mögliche Weg bei uns. Der Pflegedienst wollte ihn zum Ende hin nicht mehr wirklich versorgen. Waren froh als er ins Heim ging. Pflegedienst funktioniert gut so lange nur kleinere Hilfestellungen notwendig sind. Wird es mehr sind die meisten Pflegedienste überfordert. Aber das ist jetzt nur meine Erfahrung mit ein paar Pflegediensten. Alles Gute!

  • Wenn der Patient behandlungspflegerische Maßnahmen ablehnt, muß der Pflegedienst sofort den behandelnden Arzt informieren. Lehnt der Patient allgemeine Pflegemaßnahmen ab, wie die Grundpflege, obliegt es dem zuständigen Pflegedienst, eine Lösung zu suchen. Das ist auf keinen Fall die Aufgabe einer einzelnen Pflegekraft. Das Thema wird in der Teambesprechung besprochen und die Pflegedienstleitung wird informiert.

    Wenn der Patient behandlungspflegerische Maßnahmen ablehnt, muß der Pflegedienst sofort den behandelnden Arzt informieren. Lehnt der Patient allgemeine Pflegemaßnahmen ab, wie die Grundpflege, obliegt es dem zuständigen Pflegedienst, eine Lösung zu suchen. Das ist auf keinen Fall die Aufgabe einer einzelnen Pflegekraft. Das Thema wird in der Teambesprechung besprochen und die Pflegedienstleitung wird informiert.

    Und dann? Die Pflegenden sind nun mal keine Psychologen und Gewalt anwenden wird man auch nicht dürfen, bei jemandem der nicht entmündigt ist und angeblich noch für sich selbst entscheiden kann. Ich wüsste nicht, was außer einem im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit "guten Zureden" und dann ggf unverrichteter Dinge wieder Abziehen in solchen Fällen noch gehen sollte.


    Man braucht sich ja nur den "Fall" von sunflowers Eltern anzusehen. Wenn es nicht klappt den Betreffenden ins Pflegeheim zu geben, und das ist wie man hier sieht extrem schwierig bei "eigentlich Dementen", kann man nichts machen. Als Außenstehender sowieso nicht, wenn nicht mal der Ehepartner an der Situation was ändern will.


    Sammy , sind das deine Eltern? Kennst du Demenzkranke näher? Glaubst du mit "auch mal etwas energischer werden" bewirkst du da irgendwas?

  • Ich stelle mir das für die Angehörigen und für den PD schwierig vor.



    Der Angehörige soll also gewaschen, gekämmt, gecremt werden und möchte das nicht.


    Wenn ein Angehöriger sich weigert, sollte der PD wirklich grob werden? Wo ist da die Grenze, denn das geht ja fast zum Zwang hin. Und gesetzlich gesehen darf der PD das denn? Ab wann beginnt die Gewalt? Da hätte ich als pflegekraft sorge, verklagt zu werden.


    In wie weit könnte ein Angehöriger die erste Zeit mit dabei sein, um den Angehörigen umzustimmen? Sind alle Möglichkeiten des guten zuredens ausgeschöpft?


    Übertrieben gesagt, der PD kann nicht mit der Peitsche drohen, Ab einem gewissen Punkt sind diesem einfach die Hände gebunden und das ist auch gut so.


    Ein Mensch, der sich wehrt kann nicht gezwungen werden. Dann bleibt er eben ungewaschen.

    Es ist wie es ist :litter_in_bin_sign:

  • Übertrieben gesagt, der PD kann nicht mit der Peitsche drohen, Ab einem gewissen Punkt sind diesem einfach die Hände gebunden und das ist auch gut so.

    Ja, das ist dann wohl so...... :disappointed_face:

    Ich habe mal gehört, dass selbst eine notwendige Tabletteneinnahme nicht erzwungen werden kann.


    Ein Mensch, der sich wehrt kann nicht gezwungen werden. Dann bleibt er eben ungewaschen.

    Joa, riecht dann leider auch so.

  • Es ist tatsächlich sehr, sehr schwierig. Gewalt darf auf keinen Fall angewendet werden. Wenn von Seiten der zu Pflegenden keine Einsicht und keine Compliance besteht sind einem, solange das Verhalten nicht selbstgefährdend ist, die Hände gebunden. Ist ja irgendwo auch richtig. Allerdings ist natürlich bei einer Demenz auch die Einsichtsfähigkeit stark eingeschränkt. Es ist ein grosses Dilemma für alle Beteiligten.

    Gewalt in der Pflege ist auf der anderen Seite auch ein grosses Thema und selbst im einem Pflegeheim dürfte eine pflegebedürftige Person nicht 'gewaltsam' gegen ihren Willen gewaschen oder geduscht werden.

    Was du nicht willst was man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andren zu.

  • ganz schwieriges und frustrierendes Thema.

    Wir haben es mit den verschiedensten Pflegepersonen versucht, oft findet jemand einen Zugang, den ein anderer nicht bekommt. Die Kollegin die russisch sprechen kann, die andere Kollegin, die zufällig früher mit der Tochter der Kundin gespielt hat, vielleicht sieht jemand der Tochter ähnlich, vielleicht ist es hilfreich mal einen Mann zu schicken usw. Also bevor wir aufgegeben haben, haben wir viel versucht. Aber ganz klar, jemand, der sich weigert, den kann ich nicht versorgen.
    Und mit den Tabletten hast du auch recht, darf man nicht, tut man trotzdem, werden dann unter Quark oder Jogurt versteckt und so eingegeben.

  • Gewalt anwenden ist ja wohl ein Tabu. Es geht immer um Empathie, Geduld etc. gegenüber den Patienten. Das gilt nicht nur für Patienten mit einer dementiellen Erkrankung, sondern für alle. Eine Pflegedienstleitung ist kein Psychologe, aber es werden in der Teambesprechung alle Möglichkeiten besprochen, die helfen können, um eine suboptimale Pflege des Patienten zu ermöglichen.

  • Sorry, ich meinte selbstverständlich optimal.

  • ich habe meine an Demenz erkrankte Mutter seit 2015 betreut und habe jahrelang keinen Pflegegrad beantragt, das änderte sich dann im Februar 2021,sie bekam Pflegegrad 2, mir wurde 300€/Monat zugestanden, dann brach sich Mutter am 27.12 den Oberschenkelhalsknochen und sie mußte ins Krankenhaus, dor wurde der Bruch erfolgreich behandelt und sie kam danach in die Geriatrie, dort wurde fast nicht gemacht aber ich hatte mal wieder etwas Zeit für mich, bis ich feststellte das Mutter dort nichts ißt, ich also jeden Abend hin um sie zu Füttern,dann durfte ich wegen Corona das KH nicht mehr betreten als Mutter nach Hause kam, hatte sie 10-15 Kg abgenommen also bei 1,60 m Köroergröße gerade Mal 40 Kg und sie hatte am Steiß einen Dekubitus, der Pflegegrad wurde auf 4 erhöht, ich bemühte die Pflegestation um Hilfe, die (examinierten) Pflegerinnen haben sich beim MDK über mich beschwert, ich hätte meine Mutter quasi verhungern lassen, ich bekam ab da nichts für meine Pflege, die Pflegestation hat sich die fast 1700€ für ihre Leistungen aufgesteilt, morgens waschen, nachmittags 2 x umlagern, ich mußte mit Mutter morgens mit Brei füttern, den Toilettengang machen, Wäsche waschen (manchmal 2 Waschladungen/Tag) , wir bekamen ein Pflegebett, Rollstuhl und Rollator als Leihgabe aber als sich an den Fersen auch Dekubities bildeten, habe ich Freilagerungsschuhe beantragt beim Arzt, einen hat er verschrieben, den anderen(85 €) habe ich selbst bezahlt der Arzt tat sich äusserst schwer Mutter Sachen zu verschreiben......inzwischen ist Mutter verstorben, der herbei gerufene Arzt kam 15 Minuten nach dem Tod........ ich bin von der Sozialstation und dem Arzt bedient !

  • Ich habe mal eine Frage an Euch bezüglich Pflegedienst in Verbindung mit Demenzkranken:

    Ehepaar lebt noch im Eigenheim, die Frau ist dement und der Pflegedienst kommt jeden Morgen zum Waschen. Das war von Anfang an ein Problem, wird aber zunehmend schlimmer ( "kann ich alles noch", "will ich nicht", "geht weg und lasst mich in Ruhe", "ich will liegen bleiben" .......usw.). Türen schlagen und aggressives Verhalten sind fast an der Tagesordnung und wenn sie dann im Bad ist, darf der Pflegedienst eigentlich immer nur vor der Tür stehen bleiben und das ganze "begleiten"...... Oftmals müssen sie unverrichteter Dinge wieder fahren- aufgeschrieben wird meistens eine Stunde.

    Was darf man vom Pflegedienst erwarten? Nur gutes Zureden oder auch mal etwas energischer werden? Man hat immer das Gefühl, dass das Personal hilflos und überfordert ist.

    Der Ehemann möchte sie auf keinen Fall ins Heim geben, obwohl die Nerven oft blank liegen.

    Wie prekär ist die Körperpflege-Situation denn? Bekommt die Frau es selbst einigermaßen hin oder verschwindet sie dann im Bad und macht gar nichts Sinnvolles?


    Wenn sie es mehr oder minder noch alleine bewerkstelligen kann und das Verhalten nicht akut gesundheitsschädlich ist, würde ich Druck rausnehmen und den Pflegedienst nicht mehr täglich kommen lassen. Die Situation scheint ja emotional sehr zugespitzt und eingefahren zu sein.

    Wenn das jeden Morgen ein Drama ist, kann das schwer wieder gut werden. Da wäre es vielleicht sinnvoller sie alleine oder gemeinsam mit dem Ehemann (wenn möglich) werken zu lassen und der Pfegedienst kommt 1-3x wöchentlich. Vielleicht nimmt sie es dann besser an und erhält dann eben nicht täglich eine Grundreinigung, aber dafür ein paar Mal wöchentlich ordentlich.


    Ich komme darauf, weil es bei meinem demenzkranken, aber tendenziell eher pflegeleichten Vater wirklich so ist. Tägliche "Eingriffe", die ihm zuwider sind, wehrt er mit einer Vehemenz und Konsequenz ab, die sich gewaschen haben. Wenn man das Intervall vergrößert und er es nicht mehr als "täglichen Zwang" wahrnimmt, geht es besser und er kann sich eher auf ein "na gut, mache ich da eben mal mit" einlassen, als wenn er im Hinterkopf hat, dass das morgen wieder sein muss. Bis zum nächsten Mal hat er es oft auch schon wieder vergessen, was dann auf anderer Ebene mühsam ist, aber auch hilfreich bei Tätigkeiten, die er nicht mag.


    Ansonsten auch Ideen versuchen, die ein bisschen "outside the box" sind. Schüssel mit warmen Wasser auf den Küschentisch stellen und da Wasch- und Zahnpflegemöglichkeit anbieten. Gemeinsam mit einem Angehörigen unter die Dusche gehen und zusammen abduschen. Andere Produkte anbieten, zum Beispiel wenn Zähneputzen ein Problem ist, dann Mundwasser. Trockenshampoo statt Shampoo.

    Duschen geht bei meinem Vater mit Pflegerin beispielsweise gar nicht, das wäre nur mit Gewaltanwendung möglich. Ich mache das jetzt einmal pro Woche mit ihm, dazwischen gibt es halt nur Katzenwäsche. Ist kein Idealzustand, aber der wäre es auch nicht, wenn man ihn jeden zweiten Tag mit Gewalt in die Dusche prügelt.

  • Es wird wohl leider immer noch irgendwo Gewalt angewendet, es gab dazu erst letzte Woche ein Seminar in einem der Pflegeheime zum Thema Keine Gewalt an alten Menschen.

    Und dieses Thema ist sehr sensibel und Gewalt sollte partu nicht angewendet werden .

    Wie Paradisi schon anmerkte, das Problem muss unbedingt der PDL zugetragen werden um eine passable Lösung zu finden.

  • Wenn sie es mehr oder minder noch alleine bewerkstelligen kann und das Verhalten nicht akut gesundheitsschädlich ist, würde ich Druck rausnehmen und den Pflegedienst nicht mehr täglich kommen lassen. Die Situation scheint ja emotional sehr zugespitzt und eingefahren zu sein.

    Wenn das jeden Morgen ein Drama ist, kann das schwer wieder gut werden. Da wäre es vielleicht sinnvoller sie alleine oder gemeinsam mit dem Ehemann (wenn möglich) werken zu lassen und der Pfegedienst kommt 1-3x wöchentlich. Vielleicht nimmt sie es dann besser an und erhält dann eben nicht täglich eine Grundreinigung, aber dafür ein paar Mal wöchentlich ordentlich.

    Im Grunde genommen ist ja eigentlich schon so, dass die Körperpflege nicht täglich sooo genau genommen wird. Der Pflegedienst darf gar nicht mit ins Bad, sondern kann nur hoffen ( kurz unauffällig ins Bad gucken.....), dass sie sich einigermaßen wäscht. Beim Duschen alle 2 Tage ist dann der Mann mit dabei, vielleicht sollten wir den Dienst also tatsächlich nur alle 2 Tage kommen lassen. Allerdings dann wohl eher wegen "unverrichteter Dinge wieder fahren müssen" und nicht, weil der Druck somit raus genommen wird, denn aufgrund ihrer Demenz weiß sie ja gar nicht, welcher (Dusch) Tag nun ist.....

    Wie Paradisi schon anmerkte, das Problem muss unbedingt der PDL zugetragen werden um eine passable Lösung zu finden.

    Aber sollte da für eine Lösung kommen? Werden denn die Bewohner im Altenheim mit Beruhigungsmitteln zugedröhnt, damit Körperpflege überhaupt mal statt finden kann?

    Es wurde beim PD ja schon oft thematisiert, z.B. eine Kurzzeitpflege empfohlen, damit der Ehemann auch mal entlastet wird. Das sind alles keine Optionen.

  • Werden denn die Bewohner im Altenheim mit Beruhigungsmitteln zugedröhnt, damit Körperpflege überhaupt mal statt finden kann?

    nein, eher nicht. Aber die Vorstellung, dass Gewalt in der Pflege gar keine Rolle spielt ist so auch nicht zu halten.

    Wir haben auch schon Menschen nach längerem Liegen in ihren eigenen Exkrementen festgehalten, um sie zu reinigen, wenn anders nichts geholfen hat.

    Ich kann mich nicht erinnern, wie oft ich schon gekniffen, geschlagen und nach mir getreten wurde, dann hält man die Hände fest, ich muss das ja nicht mit mir machen lassen. Im guten Fall kann dann jemand anders übernehmen und einen Zugang finden, manchmal schaffen es Angehörige, manchmal hilft singen oder eine Geschichte und der Kollege wäscht und ja, manchmal zumindest im Krankenhaus, haben sie eine Spritze zur Beruhigung bekommen, wenn sie richtig in einem Demenzdelir waren.

  • Im Grunde genommen ist ja eigentlich schon so, dass die Körperpflege nicht täglich sooo genau genommen wird. Der Pflegedienst darf gar nicht mit ins Bad, sondern kann nur hoffen ( kurz unauffällig ins Bad gucken.....), dass sie sich einigermaßen wäscht. Beim Duschen alle 2 Tage ist dann der Mann mit dabei, vielleicht sollten wir den Dienst also tatsächlich nur alle 2 Tage kommen lassen. Allerdings dann wohl eher wegen "unverrichteter Dinge wieder fahren müssen" und nicht, weil der Druck somit raus genommen wird, denn aufgrund ihrer Demenz weiß sie ja gar nicht, welcher (Dusch) Tag nun ist.....

    Mein Vater kennt die Wochentage auch nicht und wenn du ihn heute fragst, ob er gestern Duschen war, würde er einfach "Jaja" antworten, egal ob es stimmt oder nicht.

    Trotzdem habe ich bei ihm die Erfahrung gemacht, dass Druck rausgenommen wird, wenn unliebsame Vorgänge seltener durchgeführt werden. Jeden zweiten Tag wäre am Anfang für ihn auch noch zu rhythmisch und regelmäßig, aber seit eben nur noch einmal pro Woche geduscht wird, akzeptiert er es mehr oder weniger. Also irgendwie scheint da emotional und unbewusst schon Entlastung zu sein, wenn ein verhasstes Prozedere nicht "ständig" sein muss und erzwungen wird.

    Ich würde den Pflegedienst also probehalber nur noch 1-2x pro Woche kommen lassen und da eben mit vereinten "Kräften", also zusammen mit dem Ehemann das Beste versuchen. Das ist auch für den Mann nicht so energieraubend, wenn Diskussion und Streit eben nicht täglich stattfinden.


    Das geht natürlich alles nur, wenn die Körperpflege, die selbst gemacht wird, noch einigermaßen ausreicht. Wenn wunde Stellen am Körper sind oder es Probleme mit Ausscheidungen gibt, ist das sicher keine gute Option.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!