Verzweifelt nach Lösung gesucht für demente Tante

  • Liebes Forum,


    meine Schwester und ich stehen vor schweren Entscheidungen. Ich würde gerne mal eine außenstehende Meinung oder vielleicht sogar einen guten Rat dazu haben.


    Meine Tante, 84, hat bisher alleine in einer Wohnung gelebt. Leider ist sie schon ihr halbes Leben lang ein Messi und hat uns erst in den letzten 1-2 Jahren immer mehr helfen bzw. aufräumen und putzen lassen, war und ist immer mehr verwahrlost. Im letzten Jahr hat sie auch geistig sehr abgebaut und wird immer dementer, hat aber auch noch gute und einigermaßen klare Tage. Meine Schwester und ich haben uns in den letzten Monaten recht intensiv um sie gekümmert. Sie war schon immer sehr auf ihre Eigenständigkeit bedacht, wollte kaum oder keine Hilfe annehmen, möchte keine Pflege und erst recht nicht in ein Seniorenheim ziehen.


    Einige Male musste sie aber nun leider schon von der Polizei "aufgesammelt" werden, weil Passanten sie verwirrt und hilflos draußen angetroffen hatten und dann die Polizei riefen. An anderen Tagen ging sie aber noch eigenständig einkaufen oder spazieren.


    Letzten Montag dann wurde wieder die Polizei gerufen. Wir haben leider keine genaue Auskunft darüber bekommen was vorfiel. Auf jeden Fall schien sie Schmerzen zu haben, weshalb die Polizisten einen Krankenwagen riefen und sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Meine Schwester war leider nicht schnell genug vor Ort, aber sofort in der Notaufnahme und hat sie noch ganz kurz gesehen, allerdings durfte sie wegen Corona nicht länger zu ihr. Eine 84-jährige demente Frau ganz alleine in der Notaufnahme. Es war klar, dass sie da noch verwirrter wäre und leider wurde sie auch aggressiv. Nach den Untersuchungen kam nur raus, dass sie einen Harnwegsinfekt hat, also kein Grund mehr da zu bleiben, allerdings fragte der Arzt, ob wir eine engmaschige Betreuung zuhause sicherstellen könnten, was wir leider verneinen mussten, da sie ja noch nicht mal einen Pflegegrad hat. Deshalb sollte sie erstmal verlegt werden in die Geriatrie, da sie aber wieder aggressiv wurde, mussten sie sie sogar sedieren und woraufhin sie dann auf die geschlossene Gerontopsychiatrie verlegt wurde. Dort ist sie nun seit schon 5 Tagen "zur Beobachtung", auch dort herrscht absolutes Besuchsverbot, sie hat kein eigenes Telefon und kann nur mit richterlicher Anordnung wieder entlassen werden.


    Ich persönlich fühle mich völlig hilflos, übergangen, habe das Gefühl sie entgleitet uns jetzt völlig. Bin mir sicher, dass die Demenz durch all diese Ereignisse zur Zeit ganz besonders fortschreitet. Sie versteht ja überhaupt nicht was los ist. Wir rufen jeden Tag an, aber bekommen kein richtiges Gespräch mehr zustande.

    Sie soll dort nun beobachtet werden, um zu schauen "wie sie drauf ist", wobei es ganz klar ist, dass sie dort natürlich in einem noch viel schlechteren Zustand ist als zuhause. Sie ist in einer fremden Umgebung, kann nicht raus, kann keinen Besuch bekommen usw.


    Auf jeden Fall kann sie wohl nicht mehr nach Hause und soll in eine Pflegeeinrichtung. Ich habe mir heute schon eine angeschaut, eine Dementenstation, und obwohl die Wohnanlage an sich wirklich schön ist und die anderen Stationen auch, fand ich diese sehr bedrückend und denke meine Tante würde sich dort äußerst unwohl fühlen, aber der Heimleiter meinte, dass die normale Station wohl nicht mehr infrage käme in ihrem Zustand.


    Ich finde das alles ganz schrecklich und möchte die beste Lösung finden, möchte dass meine Tante sich einigermaßen wohl fühlt, nicht abgeschoben und soweit es geht noch ihre Freiheiten genießen kann. Ich finde es auch so fürchterlich, wenn sie nicht mehr in ihr Zuhause zurück kann und direkt in eine Pflegeeinrichtung ziehen soll. Allerdings geht es komplett alleine zuhause eben auch nicht mehr gut. Ich weiß nicht wie es wäre, wenn sie eine ambulante Pflege bekäme. Hat ihr vielleicht jemand Erfahrung mit solch einer Situation oder einen Rat wie man es am besten machen könnte, womit sie sich vielleicht einigermaßen wohl fühlen könnte?


    Ich hoffe ich habe nicht zu konfus geschrieben. Ich bin ziemlich durch den Wind gerade und zerbreche mir den Kopf wie man es am besten macht. Vor allem muss ja jetzt auch noch alles recht schnell gehen und entschieden werden, was es nicht gerade leichter macht.

  • Ich stelle mir halt auch die Frage, ob es irgendwie möglich wäre jemanden mit Demenz zuhause pflegen zu lassen. Meine Schwester und ich haben leider nicht die Kapazitäten uns Vollzeit um sie zu kümmern.

  • Ich stelle mir halt auch die Frage, ob es irgendwie möglich wäre jemanden mit Demenz zuhause pflegen zu lassen. Meine Schwester und ich haben leider nicht die Kapazitäten uns Vollzeit um sie zu kümmern.

    Möglich ist es, wenn auch nicht leicht. Mein Onkel hat es irgendwie geschafft, hat sich frühpensionieren lassen (oder krank schreiben bis zur Rente wegen psych.Belastung?). Meine Tante ist nun 70, hat seit mindestens zehn Jahren frontotemporale Demenz, aber Persönlichkeitsveränderungen gab es ja schon Jahre vorher, aber das fällt ja meistens erst im Nachhinein auf. Sie hat innerhalb weniger Jahre stark abgebaut und ist nun schon lange ein absoluter Pflegefall und reagiert schon seit Jahren nur selten noch, wenn etwas in ihr Blickfeld kommt. Aber ein Onkel pflegt sie immer noch zu Hause :thumbs_up_medium_light_skin_tone:

  • Ich stelle mir halt auch die Frage, ob es irgendwie möglich wäre jemanden mit Demenz zuhause pflegen zu lassen. Meine Schwester und ich haben leider nicht die Kapazitäten uns Vollzeit um sie zu kümmern.

    Möglich ist es, wenn auch nicht leicht. Mein Onkel hat es irgendwie geschafft, hat sich frühpensionieren lassen (oder krank schreiben bis zur Rente wegen psych.Belastung?). Meine Tante ist nun 70, hat seit mindestens zehn Jahren frontotemporale Demenz, aber Persönlichkeitsveränderungen gab es ja schon Jahre vorher, aber das fällt ja meistens erst im Nachhinein auf. Sie hat innerhalb weniger Jahre stark abgebaut und ist nun schon lange ein absoluter Pflegefall und reagiert schon seit Jahren nur selten noch, wenn etwas in ihr Blickfeld kommt. Aber ein Onkel pflegt sie immer noch zu Hause :thumbs_up_medium_light_skin_tone:

    Wow! Dein Onkel hat meinen größten Respekt.


    Wenn einer zu ihr ziehen würde, würde es mit Sicherheit gehen, aber eine von uns müsste dann ihr komplettes Leben für sie aufgeben. Das mag sehr egoistisch klingen, aber dazu sind wir leider nicht bereit. Zumal ich selbst nicht ganz gesund bin und viele Baustellen habe. Ich meinte jetzt eher, ob es möglich wäre mit ambulanter Pflege, Tagespflege, Alltagsbegleitern, sowas in die Richtung, so dass sie alleine zuhause bleiben könnte, solange die Demenz noch nicht zu stark fortgeschritten ist.

  • Bei Demenz gibt es, glaube ich, auf die Dauer zum Heim keine echte Alternative.

    Das Problem ist eben auch das es eine fortschreitende Angelegenheit ist. Soll heißen, die Gefahr besteht eben dass sie dann weiter abbaut und das nicht früh gemerkt wird.

    Das Gestern ist fort, das Morgen nicht da. Lebe also heute!


    Pythagoras von Samos

  • und denke meine Tante würde sich dort äußerst unwohl fühlen

    Das ist aber nur eine Vermutung. Vielleicht geht es ihr (nach einer gewissen Eingewöhnungszeit) nicht so schlecht dort. Vielleicht vergisst sie ihre bisherige Wohnung sogar weitgehend.


    Einige Jahre könnte sie dort noch haben. Man muß aber auch sehen, daß ein beträchtlicher Teil der alten Menschen nur wenige Monate (bzw. unter 1 Jahr) im Alters- bzw. Pflegeheim lebt und dann verstirbt.


    84 Jahre ist bei Pflegeheimen übrigens das durchschnittliche Eintrittsalter.

  • Ich stelle mir halt auch die Frage, ob es irgendwie möglich wäre jemanden mit Demenz zuhause pflegen zu lassen. Meine Schwester und ich haben leider nicht die Kapazitäten uns Vollzeit um sie zu kümmern.

    Wenn es bei ihr so ist, dass sie auch gerne mal "abhaut", wird es ohne Rundum-Betreuung schwierig. Und die ist sautauer. Wären die finanziellen Mittel und räumlichen Gegebenheiten da, dass eine Pflegerin bei ihr mit einzieht?
    Wie siehts mit einer rechtlichen Betreuung aus? Geschäftsfähigkeit liegt ja höchstwahrscheinlich nicht mehr vor.

    Sie versteht ja überhaupt nicht was los ist.

    Ja, das ist schwierig. Absolut unglücklich gelaufen das alles. Sie einfach nach Hause schicken ging nicht. Aber diese Geschehnisse jetzt gerade sind ziemlich hart für jemanden in diesem Zustand, der von jetzt auf gleich in fremden Umfeld ist und gar nicht weiß, wie ihm geschieht.

  • Ich kenne das Problem von meiner Mutter. Vor fast 6 Jahren habe ich erste dementielle Veränderungen bei ihr feststellen können. Bis September letzen Jahres lebte sie noch mit meinem Vater zu Hause. Der hat allerdings auch diverse Baustellen, wie z.B. schweren Parkinson. Im August ist es bei ihnen im häuslichen Bereich völlig eskaliert. Meine Mutter kam völlig ausgetrocknet ins Krankenhaus, dort wurde erstmalig eine schwere Demenz attestiert. Sie fütterte ständig die Bettnachbarin und legte sich zu dieser ins Bett, weil sie annahm, dass es mein Vater wäre.


    Somit war klar, dass mein Vater die Betreuung von ihr nicht mehr adäquat begleiten konnte (totale Überforderung), sie kam vom KH nochmals für 3 Wochen nach Hause, hat sich nicht mehr gewaschen oder geduscht, keine Zähne mehr geputzt, sich nicht mehr angezogen und das Thema Trinken war ein riesiges Problem. Nachdem sie endlich einen Heimplatz bekommen hatte (Einzelzimmer), lief sie öfter aus dem Heim weg und wurde jedes Mal mit der Polizei ins Heim zurück gebracht. Nachdem sie beim letzten "Ausflug" schwer gestürzt war, verschlechterte sich die Demenz nochmals stark. Kurz vor Weihnachten konnte sie nix mehr: nicht mehr alleine essen oder trinken, saß nur noch im Rollstuhl und musste sehr umfassend betreut werden. Am 13.02. ist sie letzlich verstorben.


    Ich denke bei deiner Tante wird es ohne einen Heimplatz auch nicht mehr funktionieren. Ab einer gewissen Unselbstständigkeit durch eine Demenz wird nicht mehr regelmässig gegessen (oder Verdorbenes gegessen) und Trinken von 2 Litern am Tag findet auch nicht mehr statt. Die Angst, dass sie den Herd anlässt und vergisst, ist eben auch groß. Man muss irgendwann entscheiden, ob eine professionelle Versorgung nicht doch die bessere Wahl ist. Am Besten wäre es, wenn sie gar nicht mehr nach Hause käme. Gerade weil keine Geschäftsfähigkeit mehr vorliegt, könnte man auch die gerichtlich bestellte Betreuung beantragen. Wenn man die Kategorie Aufenthaltsbestimmungsrecht innehat, kann man auch gegen den Willen der Demenzkranken entscheiden, dass ein Heimaufenthalt von Nöten ist. Der Demenzkranke ist ja nicht mehr in der Lage, Gefahren zu erkennen oder adäquate Handlungen zu erkennen und zu vollziehen.

  • Deshalb sollte sie erstmal verlegt werden in die Geriatrie, da sie aber wieder aggressiv wurde, mussten sie sie sogar sedieren und woraufhin sie dann auf die geschlossene Gerontopsychiatrie verlegt wurde. Dort ist sie nun seit schon 5 Tagen "zur Beobachtung",

    Sehr gut


    In der Geriatrie könnt ihr mit dem Sozialdienst sprechen und wie es weiter gehen soll. Pflegegrad beantragen, Vorsorgevollmacht besprechen, also alles was dazu gehört.

    Dann mit dem Sozialdienst eine Pflegeeinrichtung suchen zb Demenzwohnheim.


    Nach Hause kann sie nicht, dass ist keine Option

  • Ich habe zwei demente Elternteile, die noch im eigenen Haus leben. Bei meinem Vater ist es länger bekannt und stagniert aktuell auf einem recht guten Niveau. Er hat Pflegestufe, da weitere Gesundheitsbaustellen dazukommen. Meine Ma baut rapide ab und wir wissen nicht, was davon Demenz ist und was Überforderung durch die Situation mit meinem Vater. Sie kann den Haushalt kaum noch organisieren, kocht nur noch sehr einfach, vergisst Dinge, Termine, verfährt sich in der Kleinstadt,... Selbst auf dem Niveau ist es schon schwierig und viel Unterstützung erforderlich.


    WAs Deine Tante konkret angeht:

    ja, sie entgleitet. Weil sie KRANK ist. Weil die Krankheit diese Situationen und ggf. noch Schlimmeres mit sich bringen wird, je mehr sie fortschreitet.


    Was JETZT ansteht:

    1. Über das Krankenhaus einen Pflegegrad beantragen. Das dürfte in der jetzigen Situation sehr problemlos und schnell gelingen; leichter als eine Begutachtung zu Hause (wo es aktuell erstmal per Telefonat versucht wird; bei Demenz ein schlechter Scherz). Also: Sozialdienst der Klinik anrufen/anmailen und darum bitten. Ebenso die Station kontaktieren und um ein Telefonat/Gespräch bitten. Mit Besuchen bei der Tante kommt Ihr aktuell nicht weiter.

    2. Gibt es eine offizielle Vorsorgevollmacht, die Euch best. Rechte einräumt? Wenn icht: Doof und jetzt zu spät, weil aktenkundig ist, dass die alte Dame nicht mehr juristisch zurechnungsfähig ist. Der daraus resultierende Schritt wäre, über das Gericht eine gesetzliche Betreuung (Ihr müsstest überlegen, ob für alle Bereiche oder nur best. Bereiche. Also Finanzen, Post, Gesundheitsfürsorgem Aufenthaltsbestimmungsrecht,...). Aufgrund Ihres Verhaltens ist sie jetzt erstmal mit richterlichen Beschluss zwangseingewiesen. Aktuell entscheidet der Richter; mit Betreuung hättet Ihr mehr Handhabe. Die Frage ist auch, ob IHR die Betreuung übernehmen wollt oder jemand, der das beruflich maacht. Kostet dann aber Geld.

    3. Wenn ein Pflegegrad feststeht: Mit einem Pflegedienst beraten, was die anbieten können in Anbetracht der Einstufung. Entweder das Experiment wagen - oder direkt entscheiden, JETZT einen guten Heimplatz zu suchen. Es gibt für so etwas auch Pflegeberatungsstellen der Städte/Landkreise.

    4. Unabhängig von der aktuellen Entscheidung: In Frage kommende Heime recherchieren und die Tante JETZT auf die Warteliste setzen lassen. Evtl. auch beraten lassen, ob ein betreutes Wohnen für den Übergang eine Lösung wäre (ich befürchte nicht. Sie ist schon länger auffällg, baut rapide ab - und die jetzige Odyssee dürfte den Abbau beschleunigen, weil sie damit völlig überfordert sein wird. Das ist leider so, wenn es eskaliert und dann Zwangsmaßnahmen resultieren. Die erschüttern völlig und Corona macht es noch schlimmer mit Masken, Besuchsverboten,...).


    Das jetzt mal ganz allgemein und etwas an Deiner konkreten Situation vorbei. Weil ja Demenzstation schon konkret im Raume steht, was Euch schockiert.


    Und ja, so ein Pflegeheim wirkt erstmal bedrückend. Aber: Deine Tante nimmt es ANDERS wahr als wir. Wichtig ist, dass man vertraute Dinge mitgibt. Also bspw. einige eigene Möbelstücke, Deko, Bilder,...


    Pflege zu Hause: Bei Demenz erfordert das irgendwann eine 24 Stunden-Betreuung. Ich kenne einen Fall, wo die ältere Dame noch in einer eigenen Wohnung ist. Der Pflegedienst kommt täglich mehrfach; die Tochter fährt jeden Abend hin. Und wird jeden Abend vom Chaos erwartet. Urinpfützenm Kot an den Wänden, Möbeln,... Nicht essbare Dinge wurden angekaut; andere Lebensmittel in nicht erssbarem Zustand gegessen

    Häusliche Pflege kann, mit viel Liebe, Kraft und Geduld, gelingen. Aber meist dann, wenn der Ehepartner noch lebt und fit ist und man eh langjährige gemeinsame Routinen hat, die stabilisieren. Es ist aber eine Dauerüberwachung, die viel Kraft kostet und die Angehörigen fürher oder später ans Limit bringt. In solchen Situationen sind bspw. Schläge keine Seltenheit. Die Angehörigen können irgendwann nicht mehr, sind hilflos und überfordert.

    Da finde ich regelmäßige Besuche in einer Einrichtung, mit Liebe und Geduld und dem Wissen, auch wieder gehen zu können, sehr viel hilfreicher.


    Ich empfehle für den Einstieg ins Thema übrigens die noch erhältliche (es gibt aber schon ein neuere Ausgabe) Apotheken-Umscua mit Demenz als Titelthema. Wirklich guter Artikel. Ich bezeichne die Zeitschrift sonst eher als Rentner-Bravo, aber an dem Punkt ist wirklich ein wichtiges Thema gut aufgegriffen worden.

    Live the life you love. Love the life you live.

  • Ich finde es auch so fürchterlich, wenn sie nicht mehr in ihr Zuhause zurück kann und direkt in eine Pflegeeinrichtung ziehen soll. Allerdings geht es komplett alleine zuhause eben auch nicht mehr gut. Ich weiß nicht wie es wäre, wenn sie eine ambulante Pflege bekäme.

    Eine andere Option als Pflegeeinrichtung gibt es nicht, außer du nimmst sie zu dir nach Hause und bist 24/7 für sie da.


    Die ambulante Pflege ist ja nicht den ganzen Tag da und die Zeit wo keiner da ist kann sie nicht alleine sein. Da weißt du nicht was sie anstellt und ob sie wieder abhaut.

  • Ich kann nur aus meiner Erfahrung als Zivi in der geschlossenen Gerontopsychiatrie berichten. Das ist schon einige Zeit zurück. Es gibt zwei Gründe, in der geschlossenen Gerontopsychiatrie zu landen: Das sind Eigen- und Fremdgefährdung. Die Eigengefährdung besteht meistens darin, dass man nicht wieder zurückfindet, wenn man das Haus verlässt. Fremdgefährdung ist aggressives Verhalten. Bei deiner Tante scheint eine Mischung von beidem mittlerweile da zu sein.


    Wenn die räumliche Desorientierung mittlerweile so stark ist, würde unter Umständen eine offene Station nicht viel weiterhelfen. Da kann es dann auch sein, dass sie nicht mehr zurückfindet. Dann ist die geschlossene Station der richtige Ort.


    Wobei ich auch sagen muss, wenn man mal falsch in der Geschlossenen gelandet ist, ist es sehr schwer wieder herauszukommen. Von dem. was du geschildert hast, fühlt sich für mich die geschlossene Station okay an.


    Unter Umständen wirkt die Tagesstruktur mit geregeltem Frühstück, Mittagessen und Abendessen auch stabilisierend. Klar wird es von außen vorgegeben, aber dieser Rhythmus funktioniert ja zum Teil auch nicht mehr. Je nach Grad der Demenz fällt es den Leuten auch nicht mehr auf, dass sie eingeschlossen sind.

  • Mathilda


    Ich sehe hier aus meiner Erfahrung heraus, zwei Möglichkeiten.


    Als erstes muss eine Pflegestufe beantragt werden, am besten schon jetzt. Die Tante scheint körperlich noch ganz gut unterwegs zu sein. Leider wird durch Corona alles erschwert. Du hast keinen persönlichen Zugang zu ihr. Das ist das Schlimmste was einem demenzkranken Menschen überhaupt passieren kann. Und ich halte das für eine Unzumutbarkeit von Seiten des Krankenhauses, denn es gibt Schnelltests. Leider ist es bei uns auch nicht anders.

    Ich habe schon richtig gehende kleine Wunder erlebt, wenn Angehörige zu den Demenzkranken ins Krankenhaus durften.

    Jetzt geht es aber um das Leben danach. Man kann jemanden noch lange Zeit zu Hause wohnen lassen, ohne selbst einzuziehen, wenn mehrmals am Tag jemand zur Tablettengabe kommt und wenn Seniorenbetreuerinnen mehrmals wöchentlich zu Besuch kommen und wenn Verwandte zu Besuch kommen, so dass fast jeden Tag jemand da ist für mehrere Stunden - zwei, drei, vier, je nachdem. Man kann sich hier abwechseln, so dass keiner hier überlastet wird. Es sollten sich her mehrere einen Plan erstellen. Es kommt nicht so häufig vor, dass Verwandte sich hier so gut aufteilen, wie du und deine Schwester. Und anscheinend vertraut sie euch beiden inzwischen. Das ist sehr schön. Denn anscheinend nimmt sie eure Hilfe ja an.

    Für abends kann auch ein Beruhigungsmittel gegeben werden, wenn es denn erforderlich ist. Da sollte ein Arzt hinzugezogen werden, der sich mit den unterschiedlichen Demenzerkrankungen und den einzelnen Stadien gut auskennt. Das können auch manche Hausärzte.

    Aber bevor man das mit Zuhause überlegt, muss wirklich ein engmaschiges Netzwerk vorhanden sein.

    Hat die Tante eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung? Das ist ein weiterer, sehr wichtiger Punkt. Wenn sie das nicht hat, dann kann man ihr, sobald es ihr besser geht, die entsprechenden Fragen beiläufig stellen, wenn sie noch selbst etwas mitdenken kann. Aus meiner Erfahrung heraus kann das gut funktionieren. Aber meist klappt das in einer ruhigen, heimeligen Atmosphäre und nicht in der Psychiatrie ect.


    Ich würde mich an deiner Stelle auch mit einem Demenzzentrum in Verbindung setzen und mir hier einen Termin geben lassen. Hier wird man meist gut beraten, was ich für sehr wichtig halte.


    Irgendwann ist ein Heim oftmals nicht zu umgehen, sobald die Stürze sich häufen und wenn derjenige gar nicht mehr alleine sein kann und wenn die Pflege immer aufwendiger wird, vor allem auch nachts. Wichtig ist es, ein gutes Heim zu finden. Es gibt Demenzstationen, die wirken vielleicht etwas erdrückend, aber es ist hier ein anderes Leben und es muss kein schlechtes sein. Es hat halt zwei Seiten. Ich habe hier schon sehr herzliche Begegnungen unter den Demenzkranken erlebt, aber es kann auch mal das Gegenteil sein. Ich habe hier ein wirkliches Aufblühen, der eigenen Fähigkeiten erlebt, wenn in dem Heim eine gute und engagierte soziale Betreuung täglich vor Ort gewesen ist.

    Vorher sich das Heim ansehen ist sicher nicht verkehrt. Am besten versucht man nicht nur mit den, eigenen bisherigen Lebensentwürfen, diese Welt zu betrachten. Werden Menschen aber ständig ruhiggestellt, werden sie fixiert, werden sie kaum frisch gemacht, stinkt es permanent stark nach Urin und ist die Küche außer Haus, so dass das Heim keine eigene Versorgung hat, dann sollte man hier genauer nachfragen, genauer hinschauen. Und dann die Frage, gibt es überwiegend Einbettzimmer. Das ist meist besser, denn Demenzkranke brauchen auch einen Rückzugsort.


    Sobald deine Tante aus der Psychiatrie herauskommt und sie in einem Heim ist, vielleicht erst einmal zur Kurzzeitpflege, würde ich, wie gesagt, die Pflegestufe in Gang bringen. In der Psychiatrie wird man sie wohl nicht wirklich begutachten können, eher in einem Heim. Und dann ist wichtig, dass man dem MDK aufschreibt, wie eine normale Woche für die Tante so ausgesehen hat. Ihr messihaftes Verhalten und andere Defizite, wo sie immer mehr Hilfe gebraucht hat oder wo sie Hilfe permanent verweigert hat, wo diese aber notwendig gewesen wäre. Auch ihr aggressives Verhalten sollte erwähnt werden, welches natürlicherweise auch nachvollziehbare Gründe hat. Keinem, der selbstständig bleiben will, fällt es leicht diese aufzugeben.

  • Was ist mit einer osteuropäischen Hilfe?

    Damit wird in unzähligen Haushalten über eine lange Zeit das Daheim-Sein ermöglicht. Habt ihr darüber nachgedacht?

  • Die Pflegeeinrichtung ist vermutlich die beste Lösung....auch wenn es nicht so angenehm ist.

    Sie ist zu krank um betreut alleine zu Hause wohnen zu können.

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten und konkreten Ratschläge. Sie helfen mir schon mal meine Gedanken zu ordnen. Ich werde vielleicht nochmal detaillierter darauf eingehen die Tage.

    Jetzt nur kurz: Vorsorgevollmacht und Bankvollmacht besitzen wir. Pflegestufe ist in Arbeit vom Krankenhaus aus.


    Meine Frage noch: Was passiert, wenn sie in einer eher teuren Seniorenunterkunft einzieht und nach einigen Jahren die Ersparnisse ausgehen? Muss sie dann in eine günstigere umziehen oder wie läuft das? Der Heimleiter sagte nur, dass bis jetzt noch keiner ausziehen musste, aber ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die Kosten dann übernommen werden. Ihre Rente ist leider eher sehr niedrig.

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